Du wertest mir zu viel und interpretierst zu viel
@Cignale. Menschen, die sich nicht zivilisiert benehmen, saufen und grölen, stören nicht nur Dich. Und wenn es viele sind, dann stören sie noch mehr. In Lisboa ist mir das noch nicht wirklich als gravierendes Problem aufgefallen.
Allerdings ist das Zentrum nun in "Touristenhand". Früher (sogar vor 1985) konnte man mittags die Rua Augusta und Seitenstraßen noch hoch schlendern und sich links oder rechts in den schlauchartigen Restaurants am langen Tresen einen Mittagstisch gönnen. Man traf vorwiegend auf lokale Comerciantes und Vendedores. Das Essen war hausmännisch, einfach und ich hielt es für schmackhaft. Heute dagegen stehen Schlepper mit Speisekarten in der Hand in den Straßen und bieten Plätze auf der jetzt bestuhlten Straßenmitte feil. Übrigens, sogar mitten im Winter inklusive Platz unter dem Heizpilz. Statt einer handgeschriebenen Tafel mit ein paar Tagesgerichten gibt es bebilderte Hochglanz-Speisekarten mit dem üblichen Standard-Sortiment und tendenziell immer mehr internationales Convenience Food.
Das Leben besteht zwar nicht nur aus Essen und Trinken, aber die anderen Bereiche eines normalen Stadtgeschehens sind auch verschwunden (werden sie überdeckt), und zwar großflächig in der ganzen Innenstadt. Es mag zwar immer noch ein paar "gallische Dörfer" geben, auf die man gelegentlich stößt, aber so stelle ich mir einen Bummel durch die Innenstadt Lissabons natürlich nicht vor.
Das alles hat nichts mit Billigtourismus, billigem Sauftourismus, oder Massentourismus zu tun. Die meisten Besucher machen ganz zivilisiert Städtetouren und Kurzurlaube. Das Problem sind nicht einzelne Besucher oder deren "Qualität". Das Problem ist schlicht und einfach die Anzahl, die schiere Masse.
Und es hat nun wirkliche keinen echten Nachrichtengehalt. Wir "Alten" wissen es ohnehin und die jüngeren empfinden es nicht so. Sie reisen nicht, wie wir in den 80er Jahren. Sie reisen, wie man in den 2022ern reist. Mit Smartphone, Sprach-App, Google-Maps, Trip Advisor und buchen Ihre Unterkunft über Booking und Airbnb. Dazu kommen noch ein paar Pauschalreisende und ein paar Kreuzfahrt-Tagesbesucher.
That's it my frendy. Die Welt dreht sich täglich einmal weiter und dabei dreht sie uns alle mit, auch wenn es mancher gar nicht bemerkt.