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Wo steht Portugal im Kampf gegen Armut und Ungleichheit?

kailew

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Portugal, das Land der Seefahrer, der melancholischen Fados und der sonnenverwöhnten Küsten, steht auch im Jahr 2023 vor einer anderen, weitaus weniger romantischen Herausforderung: Armut und soziale Ungleichheit. Doch die jüngsten Zahlen lassen hoffen – zumindest ein bisschen.

Licht und Schatten: Die Bilanz von 2023​

Die aktuellen Daten des Instituto Nacional de Estatística zeigen einen kleinen, aber bemerkenswerten Fortschritt. Die Armutsquote ist leicht gesunken, von 17,0 % auf 16,6 %. Auch der Gini-Koeffizient, der die Einkommensungleichheit misst, zeigt eine Verbesserung – von 33,7 % auf 31,9 %. Das klingt positiv, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail.

Während Familien mit Kindern von einer spürbaren Entlastung profitieren konnten – die Armutsquote sank hier um 2,5 Prozentpunkte auf 16,4 % –, gibt es einen beunruhigenden Gegentrend bei den älteren Menschen. Ihre Armutsquote stieg um satte vier Prozentpunkte auf 21,1 %. Eine erschreckende Entwicklung, die durch Änderungen in der Berechnung der Renten erklärt wird, aber dennoch eine soziale Schieflage offenbart.

Der langfristige Trend ist nicht zu übersehen. In den letzten 30 Jahren sank die Armutsquote in Portugal von 23 % (1994) auf 16,6 % (2023). Auch die absolute Zahl der Menschen in Armut schrumpfte: Waren es 1994 noch 2,27 Millionen, leben heute „nur noch“ 1,76 Millionen Portugiesen unterhalb der Armutsgrenze. Dennoch bleibt Portugal eines der EU-Länder mit der höchsten Armutsquote.

Interessant ist die Entwicklung der extremen Armut – definiert als weniger als 40 % des mittleren Einkommens. Hier zeigt sich ein Rückgang von 10 % im Jahr 1994 auf 6,4 % heute. Ein klarer Beweis dafür, dass gezielte Sozialprogramme wie das Rendimento Social de Inserção (RSI) oder der Complemento Solidário para Idosos (CSI) Wirkung zeigen.

Das neue Gesicht der Armut​

Die Armut in Portugal hat in den letzten Jahrzehnten ein neues Gesicht bekommen. Während in den 1990er-Jahren vor allem ältere Menschen von Armut betroffen waren, verschob sich der Fokus zunehmend auf Kinder und Jugendliche. Seit 2007 liegt die Armutsquote in dieser Altersgruppe – mit Ausnahme des Jahres 2023 – durchgehend höher als bei Senioren. Das ist alarmierend, denn Kinderarmut ist nicht nur ein soziales Problem von heute, sondern oft der Startpunkt einer intergenerationellen Armutsfalle.

Portugal hat einiges richtig gemacht. Die Einführung eines Mindestlohns, die gezielten Hilfen für Kinder und die Erhöhung von Sozialleistungen haben nachweislich dazu beigetragen, die Armut zu reduzieren. Doch die Herausforderung bleibt enorm: Fast zwei Millionen Menschen leben weiterhin in Armut. Diese Zahl ist nicht nur eine Statistik, sondern ein gesellschaftliches Alarmsignal.

Europas Maßstab: Wo steht Portugal?​

Im Vergleich zur EU zeigt sich ein gemischtes Bild. Früher lag Portugal weit über dem europäischen Durchschnitt, heute hat sich die Armutsquote angenähert. Doch bei der Einkommensungleichheit bleibt das Land ein Schlusslicht. Es gibt also keinen Grund, sich auf den bisherigen Erfolgen auszuruhen.

Der Kampf gegen Armut und Ungleichheit ist in Portugal ein Marathon, kein Sprint. Die jüngsten Fortschritte sind ein Lichtblick, aber der Weg ist noch weit. Die Daten zeigen, dass politische Maßnahmen wirken können, doch sie müssen verstärkt und nachhaltig gestaltet werden. Portugal braucht eine Vision, die nicht nur Zahlen verbessert, sondern den sozialen Zusammenhalt stärkt. Denn Armut ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern vor allem ein menschliches Problem – und die Lösung betrifft uns alle.

 
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