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Lissabon: Ein neuer Anfang nach unvorhergesehenen Ereignissen

@Metamorphose

Spaß ist, glaube ich, Definitionssache. Lissabon hat sehr viele Geschichten zu erzählen. Spannend und interessant ist es allemal und definitiv einen Besuch wert. Oft fehlt uns Menschen einfach die Zeit zu genießen.

Und du hast dein Herz ja schon an Porto verloren.

Ich bin sehr gespannt darauf, deinen Bericht zu lesen.
 
@Ge-ZeitenwandlerIn

Lissabon hätte mich sicher beeindruckt. Wenn ich nicht mit Partner dort gewesen wäre. Was schon alles aussagt. Ich hätte gern mal allein etwas unternommen. Mir vieles angeschaut, das ich mir vorher "angelesen" hatte. Z.B. den großen Friedhof, das Museum für Azulejos, das pompöse Kloster, diverse Parks, etc.. Aber dafür muss man sich einig sein, was jeden interessiert. Und den Mut haben auch allein loszuziehen.

Das war ihm aber nicht möglich. Er hat null Fremdsprachenkenntnisse, könnte sich z.B. keine Fahrkarte organisieren. Wäre heillos in einer solchen Stadt untergegangen. Und das wäre eindeutig meine Schuld gewesen, wie er mir deutlich gezeigt hätte. Ein kleines Kind würde ich nicht allein lassen, einen hilflosen Mitfünfziger aber auch nicht.

Mir war rasch klar: Nach Lissabon kehrst du mal zurück. Aber besser allein!
Außerdem ist es, wie du schreibst, mein Herz war schon vergeben...
 
@Metamorphose ,
Ich habe ein paar von den Absätzen die Dich gestört haben gelöscht.
Ein Forum lebt von den "Unterhaltungen" und Beiträgen von allen. Wir achten darauf dass es nicht zu durcheinander wird.

Noch ein kleiner Tipp, wenn Du den 2. Beitrag hintereinander schreibst und abschicken und dann dort "Folgenachricht" steht. Hast Du mir Beitrag bearbeiten noch einen kurzen Zeitraum in dem Du Dad löschen kannst da steht dann etwas in eckigen Klammern [doublepost...], wenn man das löscht, ist es wie ein Beitrag.
 

Auf nach Lisboa !

Der Tag fängt nach nur wenigen Stunden Schlaf relativ gut an. Eine Kollegin vom Großen kommt, um uns zu fahren. Zehn Kilometer bis zum Bahnhof kann man für diesen Anlass schlecht laufen und das Auto in Leer tagelang stehen lassen möchten wir auch nicht. Aber nun ist es geregelt und wir sitzen im Regionalzug, der vor sich hin bummelt. Mit Umstieg.

Ab Bremen eilen die Gedanken voraus gen Hamburg. Dort angekommen möchte mein Held unbedingt das Abflugterminal, bzw. den Schalter zum Check-in sehen. Er kennt bisher nur den kleinen Flughafen von Bremen, nun sieht es ganz anders aus. Massen von Fluggästen drängen sich durch Flure und Hallen, unser Schalter ist gaaanz hinten, wie könnte es auch anders sein. Also laufen, ab und an auf's Rollband stellen. Und erneut laufen...

Im Gegensatz zum Partner (dem ich auf speziellen Wunsch einen Rollkoffer gekauft habe) trage ich eine Art Einkaufs-Bag mit 36 l Stauraum. Die Idee war vom Prinzip her gut. Und entstanden, weil der Günstigflieger Kleingepäck innerhalb der Kabine kostenlos zulässt. Mit genauen Maßen. Und Gewicht. Ich hasse "Rollis", meine Wanderrucksäcke waren zu sperrig, also kam ich auf die Idee mit dem Bag, etwas modifiziert, damit oben nichts rausfällt. Verflixt nochmal, warum muss ich immer Extrawürste braten?! Im Prinzip war es eine gute Idee. Allerdings fehlt jegliches Tragegestell und gepolstert ist auch nichts, außerdem würgen mich die Gurte, die sich eng zusammenziehen. Na prima.


Reise-Bag.jpg



Ich könnte bald auch jemanden würgen. Der so ziemlich in jeder zweiten Raucherkabine Gast wird. Und ich stehe derweil mit dem Gepäck im Weg herum. Natürlich ist am Schalter noch niemand. Und angezeigt wird auch nichts. Also wieder retour. Wir sind zu früh, logischerweise ist man ja rechtzeitig da, mit Puffer. Was uns nun aber zum Verhängnis wird. Denn plötzlich schallt es laut und deutlich aus den Lautsprechern: "Ihr Flug nach Lissabon verspätet sich um etwa zwei Stunden!"

"Herr, gib mir Geduld und zwar jetzt, sofort und gleich!!"

Auf einer Empore mit Stühlen (mühsam erklommen) werden wir unfreundlich verjagt: "Nur für zahlende Gäste!" Also hocke ich mich auf eine Treppe und hüte das Gepäck, während der Große nun jede Ecke des Flughafens ganz genau und in Ruhe erkunden kann. Oh Mann...

Viele Stunden später tauchen nach dem Sinkflug der Maschine endlich die Lichter des Reiseziels in tiefster Dunkelheit unter uns auf. Oh, das ist eindeutig nicht Porto. Dies ist eine ausufernde Großstadt und ich bin zu kaputt um mich zu freuen, oder zu wundern. Ich will nur noch raus aus der Blechkiste, ab ins kleine Haus und mich im Bett verkriechen. Da müssen wir aber erst hinkommen. Eigentlich wollten wir mit der Metro fahren, aber nun, in dieser schwarzen Nacht aber besser nicht. Ein Taxi muss her!

Die erste Überraschung: Man reiht sich an einem Fußgängerübergang ordentlich zur Schlange auf. Dort steht jemand der einen Wagen heranwinkt. Die Fahrgäste steigen ein, das Gepäck wird verstaut, los geht's. Die nächsten Wartenden sind dran. Imponiert mir kolossal, trotz mittlerweile hämmernden Kopfschmerzen! Endlich sind wir dran. Gepäck im Kofferraum kostet extra. Hatte ich mir angelesen. Wehre mich aber nun nicht mehr. Ist alles schon egal. Aber sowas von!

Der Fahrer schweigt. Und fährt. Ich schaue. Große Häuser. Einkaufszentren. Schnellstraßen. Und alles von vorn. Allmählich geht mir auf: "Dies ist tatsächlich nicht Porto! Was will ich hier?" Der Fahrer fährt und fährt und fährt. Ich rechne insgeheim zusammen und komme auf bestimmt 30€ Fahrtkosten, plus Kofferraumzuschlag. Die Straßen werden schmaler, die Laternen dunkler. Und umgekehrt. Unsere Vermieterin tut mir leid. Per SMS hatte ich ihr die Situation von Hamburg aus erklärt. Da sie extra aus Cascais kommen muss, um uns zu empfangen.

Das Taxi will abbiegen, in eine klitzekleine Gasse. Aber wir stehen direkt vor den Schaufenstern des be-rühmten Ladens "Pastéis de Belém". Die letzten paar Meter können wir laufen, entscheide ich. Der Fahrer gibt uns die beiden Gepäckteile und ich ihm die angedachten Scheine. Er ist irgendwie erstaunt und gibt mir sofort einen zurück. Das sei zu viel, nein, nein, das nimmt er nicht an. Zweite Überraschung in dieser Stadt, nach gelassen aufgereiht warten nun: Kunden nicht betrügen!

Das nächste Erstaunen folgt. "Monica", die Eigentümerin, erwartet uns mit ihrem Mann müde, aber freundlich, in ihrem Zwergenhäuschen. Wir schauen uns an, wechseln wenige Worte und fallen uns in die Arme, als seien wir Schwestern, herzen und küssen uns. Sie müsse in wenigen Stunden wieder im Büro sein, erklärt sie uns. Leider. Auf dem Tisch liege alles Infomaterial und ich könne immer anrufen oder schreiben, falls etwas unklar sein solle. Lacht, als ich zwei Lissabon-Reiseführer hervorkrame: "Wir sind gut vorbereitet, fahrt schnell heim, wir finden schon alles!" Das tun sie dann auch. Wir winken auf der schmalen Gasse alle, als würden wir uns seit Jahren kennen...

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Nur rechts! Die Tür, ein Fenster und bei Tageslicht schön apricotfarben...​


Ich werde der Stadt doch noch eine Chance geben, das ist in diesem Moment klar.
Aber sie mir auch?



Erste Nacht in Belém


Also bei den Verriegelungen an der Tür sind wir sicher wie in einem Tresor. Das wird Gründe haben befürchte ich, sonst hätte man das "Tiny House" bestimmt nicht so aufwändig gesichert. Hoffentlich kommt nächtens nicht die Panzerknackerbande vorbei! Die nicht, aber andere nette Männer...

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Das Häuschen erweist sich von innen als ausreichend geräumig und wirklich niedlich ausgestattet. Es war die richtige Wahl und ich bin sehr erleichtert. Früher hat mein langjähriger Freund alles geregelt, davor mein Mann. Beide älter (und reifer) als ich. Und mehrsprachig.
Nun hängt alles an mir. Im Grundsatz ist das in Ordnung, aber irgendwie ist es auch eine auf mir lastende Verantwortung. Flüge organisieren, abgestimmt auf Übernachtungen, diese suchen (wo jeder von uns einen anderen Anspruch hat). Vor Ort geht es permanent weiter so. Einkaufsläden suchen, Sehenswürdigkeiten, die richtige Metro-Linie, oder den Bus. Dazu gehört die Klärung der Öffnungszeiten, der Kauf von Tickets an Automaten, das Gespräch mit Passanten, wenn eine Frage notwendig wird. Meistens alles mit einer Karte in der Hand. Ich muss buchstäblich den Plan haben. Das war schon als alleinerziehende Mutter so, nun sind die Kids gerwachsen und jetzt habe ich sozusagen ein weiteres dazu bekommen. Unverhofft. Und manchmal laugt mich das total aus, ruft Migräne hervor. Wohl, um eine Auszeit zu erzwingen. Dazu haben wir einen gegensätzlichen Schlafrhythmus, das macht es nicht einfacher. Auch nicht für ihn.

Wir packen unsere wenigen Sachen aus, freuen uns über Kleinigkeiten im Kühlschrank für's Frühstück. Irgendwie sind wir total kaputt und gleichzeitig aufgedreht. Man könnte noch ein wenig die Umgebung erkunden, also los. Die Nacht ist warm, das kennt der Große im November nicht. Die Palmen begeistern ihn, der nahe "quiosque", die überall noch reichlich blühenden Pflanzen, dass wir noch Eltern mit kleinen Kindern begegnen, die so ganz anderen Laternen. Also eigentlich alles... Gut so!


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Mich zieht es hinunter zum Tejo. In Porto hatten wir für eine Woche ein Zimmer in der Jugendherberge. Mit grandioser Aussicht auf den Douro und seine Mündung in den Atlantik. Und sogar einem Balkon, das versöhnte mich mit dem für Portugal eher untypischen Baustil, der mich eher an's Bauhaus erinnerte. Denn nachts fuhren die kleinen Fischerboote vorbei, nur von ihrenLämpchen beleuchtet. Neun waren es und ab dem zweiten Abend zählte ich mit, wenn die Dieselmotoren vorbei tuckerten. Manchmal waren es nur acht und ich überlegte, was wohl los sein möge. Meistens dieselte der Nachzügler eine Viertelstunde später vorbei. Alles war gut!

Für Lissabon hatte ich mir ganz im Hinterkopf ähnliches erhofft, auf der Karte des Vororts Belém sah es jedenfalls so aus. Er sei erdbebensicher, hatte uns Monica noch erklärt, da auf Felsen gebaut. Nach Monsterschloss und Katastrophenschutz war allerdings noch etwas sicher. Was ich nicht im Geringsten ahnte und alles veränderte. Denn wir bummelten die kleine Gasse hinunter, links auf der Ecke Pastéis de Belem, über die Straße, also direkt auf den nahen Fluss zu, den man gut vernehmen konnte. Eine parkähnliche Gartenanlage tat sich auf, mit zauberhaften Pavillons, Beeten, Bänken und eben der herrlich lauen Luft. Ich fühlte mich wie im Paradies. Bis wir abrupt vor einem mittelhohen Maschendrahtzaun strandeten. Was war das? Ein Betriebsgeände? Ach, wie schade! Wir gingen daran entlang und im Licht der nächsten fahlen Laterne erkannte ich was es war: Der Sicherheitszaun, der Unbedarfte vom Betreten der Gleise abhielt. Denn dort rauschten die Züge der Linie Lisboa - Cascais in beiden Richtungen entlang. Es gab dort keine Chance zum Ufer zu kommen, das war schon mal klar!


Ich war tief enttäuscht und ahnte:
Es könnten sich noch weitere Enttäuschungen ergeben...​
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Zuletzt bearbeitet:
Hallo, ja klar kenne ich das Buch " ein Jahr in Lissabon" hat mir total aus der Seele gesprochen, hab ja 1989 für halbes jahr in Lisboa gewohnt, war eine tolle Zeit, mit Hochs und Tiefs, war dann bis 2016 nicht mehr da, wollte immer hin, ergab sich nicht oder traute mich nicht, keine Ahnung, doch 2016 war es so weit und es genoss es vom ersten bis zum letzten Tag; 2018 dann wieder und heuer denke ich auch.... lg petra
 
@Tomasi

;) :eek:
Ich liebe die Buchserie "Ein Jahr in... "
Viele Ausgaben haben sich mittlerweile bei mir angesammelt.

"Ein Jahr in Porto" existiert noch nicht, da müsste sich wohl erst ein guter Schreiberling finden ;)...
Und ob sich da viele Leser (Käufer) motivieren ließen, gegenüber der großen Stadt im Süden?

Ich würde mich "opfern". Also für das Jahr. Und als Käufer.
Aber das reicht für den erforderlichen Verlags-Umsatz sicher leider nicht aus :|...
@Iris_K

Das alte Problem ist wieder da, meine Beiträge sind wieder "---Folge-Nachricht angehängt".
Meine Tests mit Punkten erschienen so und "bearbeiten" war nicht möglich.
Auch eine Wartezeit von mehreren Stunden half nicht.

Was nun?

Ein "angehängter" neuer Beitrag direkt unter einer Leser-Antwort ist doch Mist... Auch optisch... Wer soll den denn finden/lesen?

Bitte schau' mal, ob ihr etwas machen könnt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:



Erste Nacht II

Endlich liegen, den Kopf herunterfahren und dann so ganz langsam eindummeln. Was für ein Tag! Mir tun sämtliche Knochen weh, ein wenig brummt es immer noch im Schläfenbereich, der Große schnarcht vernehmlich. Und das Positive? Ich liege! Das ist schon mal die Hauptsache. Alles kann, nichts muss. Tausende Bilder ziehen aus meinem Speicherhirn an mir vorbei. Jedes im Laufe des Tages gesprochene Wort. Sämtliche Gerüche, Geräusche und Gedanken. Manchmal empfinde ich es als schön so viel abgespeichert zu haben. Aber nicht immer. Es ist wie ein Film des Tages, der nun in Dauerschleife in meinem Kopf abläuft. Wenn ich geschlafen und vielleicht geträumt habe, ist die Festplatte wieder bereit, neue Eindrücke aufzunehmen..


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Der Mensch denkt und Gott lenkt. Sagt ein altes Sprichwort. Könnte man auch umdrehen. Ich glaubte zu lenken und Gott erlaubte sich zu denken. Dass ich bestimmt noch bereit für neue Abenteuer wäre. Es war ja auch noch relativ früh in der Nacht, in Buenos Aires würde man jetzt Tango tanzen. Haach... Musik, Wärme, Musik... Fast bin ich schon "weg" und schwebe entspannt den Träumen vergangener Zeiten entgegen, da entsteht direkt unter uns auf der Straße ein Tumult. Wir liegen praktisch unter dem Dach, Dämmung scheint ein Fremdwort zu sein, wir hören jedes Wort. Und anderes.

Peter sitzt senkrecht auf der schönen, dicken Matratze. "Was ist das? Es ist doch noch stockfinster?! Spinnen die denn da draußen? Ist hier irgendwo 'ne Kneipe?" Zum besseren Verständnis aus dem Brandenburger Dialekt ohne die Flüche übersetzt und leicht abgewandelt.

Wie hatte ich doch im Internet gelesen: " Belém ist ein ruhiger Vorort im Westen Lissabons mit großen Grünanlagen und vielen historischen Sehenswürdigkeiten." Das hatte bei mir entscheidend dazu beigetragen, gerade dort unser Lager aufzuschlagen.

"Pastéis de Belém" war nur tagsüber geöffnet, zu dieser Zeit wären wir ohnehin unterwegs, es wäre also kein Problem. Das ist der typische Unterschied zwischen Wunschdenken und Realität. Letztere gewinnt immer! Ich rannte nach unten, um aus dem einzigen Fenster auf die Straße schauen zu können und damit der Ursache des Übels auf den (tieferen) Grund zu gehen. Was sah ich zu meinem größten Erstaunen? Einen Trupp kleiner, rundlicher Männer (vermutlich trug ihre orangefarbene Uniformierung dazu bei, also eher zum Umfang in Relation zur Größe) die Zigaretten rauchend und fröhlich schwatzend einen Riesenberg von aufgeschichteten Müllsäcken krachend in das dazu passende Fahrzeug warfen, dessen Motor herrlich melodisch dazu knatterte!

Im Prinzip sind fröhliche Männer in bunter Kostümierung ja nicht automatisch störend. Nachts um zwei Uhr, und wenn man schon so einige Abenteuer hinter sich hat, hat man aber eher keinen direkten Bedarf. "Die Müllabfuhr, mitten in der Nacht!" Wir sagten es fast zeitgleich. Was wir noch sagten kann man sich denken. Verschweige ich aber lieber schamhaft. Müdigkeit kann auch bei (relativ) guterzogenen Menschen zu verbalen Ausbrüchen führen, besonders, wenn sie das ganze Ungemach überhaupt noch nicht richtig voll erfasst haben..

Das Müllfahrzeug setzte sich geräuschvoll in Bewegung. Aber nicht etwa rückwärts (wie man es in einer schmalen Sackgasse erwarten würde) sondern vorwärts. Wo wollten diese (Un-)Menschen denn noch hin? Weiter sammeln. Logisch, oder? Der Vorort Belém ist eindeutig ein Touristen - Hotspot. Nicht nur, aber auch wegen der berühmten Törtchen. In den dazu passenden TV - Filmchen sitzen immer lustige, schwatzende, rundgesichtige Portugiesinnen in einem gemütlichen Hinterzimmer beisammen und füllen liebevoll die kleinen Förmchen mit flinken Fingerchen, die uns Laien staunen lassen. "Handarbeit" klickt sofort etwas bei uns an. Oma. Alte Zeiten. Gemütlichkeit. Qualität. So weit (oder besser: nah), so gut. Oder eben nicht.

Die fleißigen Handarbeiterinnen lernten wir bald kennen. Draußen, am Seiteneingang ihrer Arbeitsstätte rauchend und temperamentvoll schwatzend. Direkt gegenüber unseres Fensters unten. Wir winkten freundlich und sie lachend zurück. Die Freundschaft war geschlossen. Und ergab die Gelegenheit nachzufragen, wie der Betrieb denn so allgemein und die Müllabfuhr in Lissabon im Besonderen funktioniert. Alles sicherheitshalber in der geläufigeren englischen Sprache erfragt, um nur nichts falsch auszudrücken, oder zu verstehen.

Wahrscheinlich erblasste ich ziemlich. Zuerst: Klar kommt die Müllabfuhr nachts, da behindert sie nicht den Verkehr und führt zu Staus. Also so zwischen ein Uhr bis sechs Uhr. Warum denn so verschieden? Erneut ein fröhliches Lachen. Die Touristen sind aber auch schwer von Begriff! Pastéis de Belém produziert bei seinen ungeheuren Verkaufsmengen natürlich jede Menge Müll. Der muss täglich abgeholt werden. Also in der noch jungen Nacht.

Der Laden produziert aber auch noch anders. Nämlich fabrikmäßig. Auf unserer Gassenseite, weiter hinten, auf der Ecke, in einer Art Zweckbau-Reihenhaus. Dort türmten sich nächtens noch sehr viel höhere Abfallberge auf. Deshalb kam die Müllabfuhr in aller Herrgottsfrühe freundlicherweise noch einmal in unser Gässchen. Bevor die ersten Touristen erschienen, die natürlich alles idyllisch und aufgeräumt vorfinden sollten! Die Anwohner, welche schon wach waren, legten dann ihre Müllbeutel dazu und allen war gedient.


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Bald hielten wir es auch so, schliefen manchmal tagsüber vor.

Und zählten nachts die Müllmänner und ihre Wagen, wie einst in Porto die Fischerboote.

Es war nur irgendwie ein ganz kleines Bisschen weniger romantisch...




 
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Wenn das Forum mich schreiben lässt liebend gern, gestern ging irgendwann wieder gar nichts.

Heute, oh Wunder, aber doch (vielleicht haben freundlicherweise die Mods "geschraubt").

Die Fotos sind schon bereit, den Text bereite ich vor, für morgen.

Später, wenn kein männlicher Mitbewohner permanent auf mich einredet. :rolleyes:
 

Dankeschön, wenn's gefällt!

Der Tag, nach der ersten Nacht, wird aber ernster...



Unentspannt in Lisboa...

Der erste Morgen in Lissabon beginnt früh. Peter bringt ein winziges Säckchen vor die Tür, um herzlich die Müllmänner zu begrüßen und eine Zigarette mit ihnen zu rauchen. Zunächst waren sie bei seinem unerwarteten Anblick erschrocken ("oh, der Riese Goliath erscheint uns"). Aber da er fröhlich und laut auf sie einredet, auch wenn ihn keiner versteht, und seine Glimmpackung kreisen lässt, wird er schnell als neuer Freund akzeptiert. Und an jedem weiteren Morgen freundlich erwartet. Um 5 Uhr morgens, also zu absolut unchristlicher Zeit, jedenfalls im Urlaub. Aber ich bin wohl die Einzige, die so denkt.

Und deshalb steht der Müllwagen an jedem Folgetag zu exakt derselben Zeit vor unserer bescheidenen Hütte.. Auch gerne mal volle zehn Minuten, bei laufendem Motor. Es ist ohnehin die Aufstehzeit des Großen, er freut sich auf die Kumpels. Die mit den Tagen seltsamerweise mehr werden, wie ich anmerke. Vermutlich kassieren die in orange gewandeten Gauner "Besichtigungsgeld" für ihn. Unter dem Motto: "Fahr' heute Nacht mal bei uns mit, wir zeigen dir was!" Grummel...

Einen Vorteil hat die Angelegenheit: Nach Entdeckung des Bades (als einem etwas abgetrennten Teils der Küche), einer Morgendusche mit schildkrötenartig eingezogenem Hals in der Minidusche und der Durchforstung des Internets, macht sich der Abenteuerlustige auf den Weg zum Bäcker. Und findet tatsächlich einen. Dem wird mit (großen) Händen und Fingern erläutert, was nun genau in die Tüte soll. Plus Süßgetränken. Und wo man wohnt. Wieder ist ein Freund gewonnen. Und wird noch oft aufgesucht werden.

Auch mittlerweile sechs Uhr ist so gar nicht meine Zeit, nach maximal vier Stunden Nachtschlaf und dem schier unendlichen Anreisetag. Auch ich sehe vermutlich wie eine Schildkröte aus. Im biblischen Alter von hundertzwanzig Jahren wahrscheinlich, das können die Panzertiere durchaus erreichen, habe ich gerade eben bei "Christopher Clark auf Phönix" gelernt, in seiner Welten-Saga. Nun, wenn man nur frisst, was man direkt vor der Nase hat und die lieben Kiddies als Eier im Sand abwirft, um die man sich keinen Deut mehr zu kümmern braucht, kann man vermutlich leicht ein Methusalem werden. Wär' mir aber nach hundert Jahren irgendwie zu blöd, vielleicht auch schon mit achtzig?!

Leider habe ich beim "Früh-Stück" (dessen Bezeichnung bei mir ganz neu an Bedeutung gewinnt) noch keine Vorstellung vom Tagesverlauf. Denn dann wäre ich vermutlich zurück ins Bett gekrochen, hätte mich ausgeschlafen, schlau im Reiseführer gelesen, nochmal gefrühstückt und wäre danach locker losgezogen. Nun aber scharren mit gegenüber sitzende zwei Meter schon merklich mit den gleich anbehaltenen Quadratlaschen in Größe 45 - 46, je nachdem wie sie ausfallen.

Dass es bald Momente geben wird, in denen ich ausfallend werden möchte, es aber aus guter Erziehung heraus unterdrücke, ist da noch nicht zu ahnen. Hey, LISSABON erwartet uns, die Stadt des Lichts. Alles muss geradezu fantatisch werden, wenn nicht sogar grandios. Meine Haarschneiderin ist Lisboeta und hat mich zugetextet. Geschwärmt ohne Ende. Gegenüber Porto - obwohl natürlich über diese kleine Stadt am Douro im Grunde nicht wirklich negatives zu sagen sei - wäre Lissabon unvergleichlich. Voller Wunder und Einzigartigkeiten. Einer muss die Schuld an allem tragen, also ist sie es. Na klar. Damit habe ich alles von mir weggeschoben!

Ich ziehe die Zeit hin wieeinen Kaugummi. Erst einmal zur Toilette und dann duschen. Dass man nicht verriegeln kann, das geht schon mal gar nicht. Dass es nur eine (dünne) Tür zur Küche hin gibt ebenfalls nicht. Man hört den Partner am Tisch im Reiseführer blättern. Und er... ja wie nenne ich es nun (?) jedes Plätschern vom WC. Männern macht das wenig aus, das ist mir schon klar. Mir als Frau aber schon. Einen Duschvorhang gibt es auch nicht. Gabriele, was hast du auch wieder für Ansprüche! Man ist ja lernfähig und in der Zukunft liegt ein Handtuch unter der Tür. Hilft gegen Überflutungen. Aber nicht gegen Männer, welche mal eben kurz den einzigen Schutz aufschieben, um zu fragen: "Was gucken wir uns denn heute an?"

Gar nichts, wenn sich das so fortsetzt. Das 36-l- Gepäck ist allerdings prima. Die Auswahl der Bekleidung verkürzt sich vom Zeitaufwand her beträchtlich. Mich zu beschränken bin ich von meinen Wanderungen mit Rucksack her gewohnt. 12 kg auf dem Rücken plus Verpflegung und Wasser ist schon sportlich, 1000 km lang. Wir erinnerinnern uns an Anne Donath: "Wer wandert, braucht nur was er tragen kann." Auf Ryanair übersetzt: "Wer günstig fliegen will packt sich nur eine Hose und zwei Shirts zum Wechseln ein." Was seltsamerweise auch tatsächlich funktioniert...

Wir brechen also auf. Die Lage des Zwergenhauses ist absolut genial. Zwischen dem berühmten "Pastéis de Belém" und dem gotischen Kloster "Mosteiro dos Jerónimus" gelegen. Südlich wartet der Tejo. Habe ich auch einen "Fluss des Lichts" erwartet? Was auch immer es war, ich werde das Gesuchte nicht finden. Wir brechen auf und versuchen hinunter zum Tejo zu kommen. Es muss möglich sein, irgendwie! Die Situation auf den Straßen hat sich gegenüber der Nacht (sind wir wirklich erst seit ein paar Stunden hier?) absolut verändert. Menschen schieben sich in Massen auf den Bürgersteigen entlang. Überall Autos, Busse, Gruppen mit Reiseführern (einen bunten Schirm demonstrativ schwenkend, damit man ihm zu folgen vermag). Ich bin unter Schock, von null auf gleich. Dies war ja gerade das, was ich genau nicht wollte!
Der Große findet es lustig und stiefelt hinterher, erzählt davon, wie er in Leer eine Führung durch ähnliches Verhalten ganz kostenlos mitgemacht hat. "Nicht nur kostenlos, sondern sogar völlig umsonst", denke ich in diesem Moment. Und schäme mich erneut, wie schon mehrfach. Alles, was er billig, oder gar ohne Bezahlung ergattern kann, das lagert er ein. Weil die Gelegenheit eben da ist. "Er kann nichts dafür, dass er in der DDR aufgewachsen ist", das sage ich mir immer wieder. Aber ich kann auch nichts dazu, dass ich ein Westkind war. Allerdings mit einem Bein in jeder der beiden Welten verhaftet. Und heute noch nicht eindeutig wissend, wo die eigentlichen Wurzeln liegen. Weil ich erst mit gut über vierzig Jahren erfuhr, wer eigentlich... Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte. Die allerdings der Schlüssel zu vielem in meinem Leben ist...

Am Kloster im portugiesischen Zuckerbäckerstil vorbei, wurden wir durch eine mitteldunkle Unterführung unter der Bahn hindurch geleitet. Ich empfand sie irgendwie als unheimlich, zumal dort gleich etliche Menschen etwas zu verkaufen versuchten. Grundsätzlich verstehe ich das. Die Touris strömen innnerhalb von Sekunden vorbei, da muss man schon (wie nenne ich das jetzt?) "sichtbar werden". Aber ich ertrage es nicht gut, wenn jemand lästig auf mich ein redet, oder gar an meiner Kleidung zerrt. Und flüchte förmlich. Peter lacht und findet das lustig. Er versteht das Leid in mir nicht. Und das wird sich in Lissabon wiederholen und wiederholen und wiederholen...

Ich lasse die Reisegruppen weiterziehen. Nun bin ich am Tejo, unten am Wasser, alles müsste doch jetzt gut sein? Aber ich habe mittlerweile begriffen, dass ich niemals (wie am Douro) unbehelligt hinunter zum Fluss gehen könnte. Tagsüber würde ich von Händlern belästigt, in der Dunkelheit vielleicht noch ganz anders. Welche Frau würde unbesorgt einen solchen Tunnel durchschreiten?! Weinen möchte ich, vor tiefer Enttäuschung. Es ist nicht Porto! Nein, es ist Lissabon. Eine faszinierende Stadt, deren völlig andere Faccetten ich noch entdecken werde. Aber eben nicht allein, sondern mit einem Partner, der eben das überhaupt nicht nachzuvollziehen mag. Traurig halte ich mich am kleinen Hafenbereich fest, fotografiere das Wenige, was ich dort für mich bewahren möchte.


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Renne dann zwangsläufig Peter nach, der nichts bemerkt hat. Wie gewünscht fotografiere ich ihn mit seinem Smatphone vor den Wahrzeichen. Dem segelförmigen (60er Jahre) Denkmal für die Entdecker und Eroberer, die von hier aus in See stachen. Am "Torre de Belém" aus dem 16.Jahrhundert, dass wie ein kleines Schlösschen wirkt, aber Lissabon vor Eroberern schützte. An einem Flugzeug, dass... Ich erinnere mich nicht mehr genau. Nur daran, wie wir danach völlig sinnfrei an der öden Schnellstraße entlanglaufen. Weil er es gerne möchte, in der Erwartung, dass da "noch etwas käme". Tut es aber nicht. Nie informiert er sich, liest sich selbständig etwas an. Regelt. Nimmt mir mal etwas ab.


Ich weine stille Tränen unter der Sonnenbrille und er bemerkt es nicht einmal.
"Das war schon mal toll" sagt er. Und in etwa ab diesem Moment kippt es wohl für mich.
Er soll sein Ding machen. Ich will "Lost PLaces" in Lissabon sehen. Und werde sie finden!




 
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Darüber könnte man reden, lächel...

Offenbar hat dich noch immer nicht abgeschreckt, was ich bisher von mir an Seiten gezeigt habe. ;)

 
Weißt du, ich bin schon groß und kann auch alleine losziehen (deine Erlebnisse müssten sich nicht wiederholen) ...deshalb fliege ich ja auch wieder alleine =)

Ich habe mich nirgends in Europa bisher allein so sicher gefühlt.
 
Es ist vermutlich immer schwierig, wenn eine Seite klammert, deutlich Hilflosigkeit demonstriert und andererseits schlechte Laune raushängen lässt, wenn die andere Seite sich bereit erklärt Ziele zu suchen, die beiden gefallen könnten und dann damit doch nicht ins Schwarze trifft.

Vieles wäre leicht zu lösen, wenn man ganz einfach miteinander reden würde. Die Betonung liegt auf miteinander und nicht vor sich hin... Man könnte eventuell auch nachfragen: "Was genau gibt es dort zu sehen?" Oder ganz krass entscheiden: "Interessiert mich jetzt nicht so, dann mache ich was anderes..."

Aber so habe ich oft das Gefühl mich im festen Griff einer Würgeschlange zu befinden. Die gar nicht auf den Tod des Opfers aus ist, aber nichts gegen ihre Natur tun kann...

Allein das Thema "Flohmarkt", von ihm heiß ersehnt und eingeplant, wurde beide Male zum Desaster, aber so richtig. Und für mich lehrreich. Ich werd's im Thread noch beschreiben, wenn die Technik es mir erlaubt...
 
Ich bin weiterhin sehr gespannt!

...und zum altersschwachen Trost:
bei uns läuft auch ab und zu was nicht im Einklang :redface:.
Mein Lieblingsmensch setzt zB keinen Zeh in ein Gewässer, wo Fische oder IRGENDWELCHE Lebensformen drin vorkommen.
Ich dagegen bin leidenschaftliche Schnorchlerin.:hurra.gif:
Und wehe, wenn er Hunger hat...:panik3:
Dann natürlich die Fotoleidenschaft...oft redet er einige Meter voraus zu wildfremden Menschen,
während ich mit dem Popo in der Luft noch in irgendein Gebüsch knipse...
 
Unentspannt in Lisboa II...

Zurück im "Little House Belém" ist ein Teil des Paares höchst zufrieden und betrachtet erfreut die Bilder des Smartphons. Er übermittelt einige davon nach Brandenburg. Wo sie sicher interessiert registriert werden. Peter, das bezüglich Reisen "schwarze Schaf" in der Familie, hat nun auch endlich das Ausland kennengelernt. Wenn auch mit der "falschen Partnerin".

Aber leider nach Porto "nur" Lissabon. Eben wieder dasselbe Land, wo man doch selbst auf Kreuzfahrten schwört. In sicherer Gruppe reist man so an einem Hotspot an, fotografiert, was eben alle ablichten wie eine Trophäe und kann den Umgang mit Einheimischen weitestgehend vermeiden. "Die sind ja nicht wie wir Deutschen", hatte man mich beim ersten Familienessen belehrt, das dem gegenseitigen Kennenlernen dienen sollte. Und den Satz fortgesetzt mit: "Wer weiß, was die für Krankheiten haben, bei denen mischt sich ja auch hemmungslos schwarz mit weiß, mehr als bedienen und putzen können die nicht!" Ich wurde danach recht schweigsam. Sieben zu eineinhalb bietet keine reelle Chance zur Diskussion, zumal der Große ziemlich schwieg, er kann und will sich nicht gegen die Familie stellen.

Der andere Teil des Paares hat nicht viel zu betrachten. Und lässt im Hirn verschiedene Programme durchlaufen. Wie könnte man die Situation retten, oder wenigstens verbessern? In diese Überlegung platzt der männliche Ruf: "Jetzt müssen wir aber unbedingt einkaufen gehen!" Sagt's und steht rauchend vor der Haustür, ungeduldig von einem langen Bein auf's andere tretend. Mit anderen Worten: "Los, mach'!" Einerseits bedeutet es mehr von Lisboa zu sehen. Andererseits erahne ich ein neues Drama.

Wo sich der naheste Supermercado befindet lässt sich leicht herausfinden. Wir gehen die Gasse hoch bis zur Mauer mit den Palmen dahinter. Was ist das eigentlich? Nach rechts abgebogen stehen wir vor dem Eingang des "Jardim Botanico Tropical" (Tropengarten). Zum Greifen nah also. Bestimmt interessant und ein gutes Ausflugsziel für den Folgetag! Wir sind uns einig. Das war endlich mal leicht, und ich atme ein wenig auf. Vielleicht wird alles besser, als noch am Vormittag gedacht!

Schöne Haustüren und Fassaden ziehen meinen Blick auf sich. Nichts ist spektakulär, hier ist es still und ein wenig verwunschen. So wie ich es mag. Die Farben faszinieren mich. Alles was abblättert, von seiner Geschichte erzählt. Von vielen Jahren, Händen, Schlüsseln, Wintern und Sommern. Alten und jungen Bewohnern, über die Jahrzehnte hinweg. Der ganzen Bandbreite einer geheimnisvollen Stadt.


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"Upcycling " ist mein Thema und kaum ein Laie vermag sich vorzustellen, wie aufwändig es ist, aus einer Baumarktleiste optisch eine uralte werden zu lassen, die ein fehlendes Zierstück ergänzt. Aber das ist ganz meine Welt. Ich arbeite immer allein, ganz versunken in mein Tun und behutsam jener Zeit näherkommend, in welcher ein Möbelstück dieser Art entstanden sein könnte. Wenn ich davon leben müsste käme ich zu nichts, einen Stundenlohn kann man gar nicht errechnen. Mein Lohn ist das fertige Teil, wenn Material, Form und Farben eine Einheit bilden. Und in meinem 450 Jahre alten Haus wirken, als hätten sie schon immer dort gestanden.

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Zurück in das stille Lissabonner Viertel, in dem sicher Besserverdienende wohnen. Aus einem Fenster schaut eine gepflegte, ältere Lisboeta versonnen in die Ferne. Wie oft ist es mir aufgefallen, dass Portugiesen irgendwo auf einer Mauer oder Bank sitzen, im Auto, oder auf einer Treppe. Den Blick versonnen in die Ferne gerichtet. Unbeweglich. Scheinbar tief in Gedanken versunken. Es wird wohl das sein, was man “Saudade” nennt. Die nur schwer erklärbare und zu stillende Sehnsucht. Im Internet nur unzureichend erklärt mit: Mischung aus Sehnsucht, Melancholie, Schmerz, Nostalgie, Einsamkeit, Wehmut.

Eine ganze Weile stehe ich wartend da. Ob sich die Schöne mir irgendwann zuwendet? Sie tut es tatsächlich. Mit meinem (noch) unbeholfenen Portugiesisch in Verbindung mit Gesten frage ich, ob ich sie fotografieren darf?! Sie lächelt kaum merklich und nimmt schmunzelnd die vorherige Haltung wieder ein. "Obrigada", für diese leise Begegnung. Und den berührenden Augen-Blick zweier Frauen aus gänzlich verschiedenen Kulturen. Die Erinnerung daran bleibt auf immer lebendig für mich, wenn ich an den Moment des Fotos denke.

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Zurück an der Hauptstraße stoße ich auf einen jener Läden, die ich so sehr liebe. Weil auch sie aus einer längst vergangenen Zeit zu stammen scheinen. Und sicher bald nicht mehr bestehen werden. Es ist eine Polsterei, die vor der Ladentür einen dekorativen, nostalgischen Ledersessel stehen hat, auf welchem demonstrativ eine Rolle Polsterwatte thront. Ich würde mir brennend gern den kleinen Betrieb anschauen, in dem die Frau des Hauses gerade eifrig fegt. Praktisch mit einem Kittel gewandet. Verstohlen fotografiere ich, auch nochmal den Sessel, dessen Leder von einem langen Leben erzählt. Wer ihn wohl einmal im wahrsten Sinne des Wortes "besessen" hat?


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Peter ist mittlerweile mit seiner Geduld am Ende. Blöde Fotografiererei! Vollkommen sinnfrei, wenn keine Person abgebildet wird, die man kennt! Wer macht denn so etwas? Diese Bilder interessieren doch niemanden, wem sollte man die denn zeigen?! Zumal es viel wichtiger ist, den Kühlschrank endlich zu füllen.

Wir werden fast zwei Stunden im Supermercado verbringen. Er, nicht ich, quasi jedes zweite Teil bestaunend in die Hand nehmend. Was ist denn das? Kostet es? Kocht man das? Ein großes Kind im Spielzeugladen. Alles wird ausgepackt. Betastet. Fotografiert.


Ist doch nichts drauf, was jemanden interessiert, wem sollte man das zeigen?

Aber wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe, seufz...

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Morgen ist ein neuer Tag und wie sang einst Udo Jürgens: "Gabi wartet im Park"
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Und endlich: Fotos, Fotos, Fotos...




 
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