AW: Kann man Portugiesisch schnell erlernen?
Hallo zusammen! Das "leicht, schnell oder schwer zu erlernen" wird meiner Meinung nach sehr theoretisch hier betrachtet, obwohl es etwas sehr Individuelles ist.
Nicht umsonst spricht man von einer SprachBEGABUNG.
Wie schnell und umfassend man eine Sprache erlernt, hängt doch mindestens zur Hälfte - wenn nicht sogar 70% von dieser GABE, vom Talent, vom Gehör und der Musikalität ab, die die lernwillige Person schon im Vorfeld mitbringen sollte.
Ansonsten eignet man sich die FREMDsprache nur anhand von Formeln sehr technisch und regelorientiert an .
Sprachen lerne ich persönlich ( und viele andere) nur durch hören, beobachten und sprechen - wie Kinder sie lernen.
Deshalb hat Rosetta Stone zB so viele Anhänger.
Der klassische Sprachkurs mit seiner Schul - Struktur taugt zB absolut nicht für mich!
Am Schnellsten lernt man im Land - just my 2 cents.
cumprimentos da Bomboka
Hallo Bomboka,
ich stimme dir vollkommen zu und denke, dass du in der Tat Recht hast, möchte jedoch noch etwas Zusätzliches hinzufügen bezüglich des "Lernens wie Kinder":
Das Problem ist hier vor allem, dass wir keine Kinder sind. Und wenn Erwachsene nachplappern, dann klingt das manchmal ähnlich wie wenn jemand nicht-heimisches einen Dialekt imitiert.
Ich spreche hier nicht von Rosetta, sondern vom Lernen in der Praxis "auf der Straße".
Bei vielen Schülern (vor allem aus Brasilien, wo es viel ausgeprägtere Soziolekte als in Portugal gibt), die nach Gehör gelernt haben, kann man sofort hören in welchen Kreisen oder Schichten sie gelebt und gelernt haben; was nicht immer von Vorteil ist.
Fliessend zu sprechen und alles zu verstehen ist nicht das einzige Kriterium dafür, dass man eine Sprache gut kann.
Dieses ganz abgesehen davon, dass man Sprachen auch schreiben kann - was man nur schwierig ohne das lernen kann, was du "Schulstruktur" nennst.
Diese "Schulstruktur" ist schlichtweg allgemeine Struktur; nicht mehr und nicht weniger; und manchmal hilft das sehr, denn Strukturen sind Hilfen, Gerüste und auch Krücken für Notfälle.
Ein drittes Argument für ein teilweise bzw. fundamental systematisches Lernen ist das sehr effektive Auswendiglernen und Einüben von Fehlern, die man dann nie wieder loswerden wird.
Das scheint am Anfang oft kein Problem zu sein, wächst sich aber sehr schnell zu einem aus.
Mein Plädoyer geht also weder gegen schulisches, noch gegen Straßen-lernen, sondern ich denke, dass eine gesunde und praktisch am Ziel des Lernenden orientierte Mischung aus beidem das Ideale ist.
Ein ganz anderes Thema ist die sogenannte Sprachbegabung. Selbstverständlich gibt es so etwas und es ist enorm wichtig. Jedoch ist es so, dass die überwältigende Mehrheit der Lernenden durchaus sehr sprachbegabt ist. Aber das heisst, in der Praxis, erstmal garnichts.
Sprachen sind hochkomplexe akustische, symbolische, soziale, filosofische und semantische Gebilde, für die man nicht generell und allgemein begabt oder nicht begabt sein kann.
Begabt kann man für einen bestimmten Aspekt einer Sprache sein, und davon sprichst du in deinem Posting, beziehst dich jedoch nur auf die Akustik bzw. Fonetik.
Sprache hat aber auch viel mit mathematischem Denken zu tun; und viele sind hierfür sehr begabt. Und diese werden sich in ganz anderen Lernkontexten wohl fühlen als du (und ich übrigens auch).
Dann gibt es die, die auch kognitiv funktionieren und auch logisch sind, jedoch in analogen, symbolischen Strukturen lernen, also durch Parallelen und Ähnlichkeiten.
Andere wiederum haben ein fast leidenschaftliches Verhältnis zur Sprache und lernen sie fast nur im Zusammenhang mit Emotionen.
Ausserdem gibt es noch viele, die Sprachinhalte hauptsächlich sinnlich erfassen und sich also vor allem auf ihre Sinne stützen; hier sind wieder sehr unterschiedliche Schwerpunkte, denn nicht alle sind gleich in der Wichtigkeit, die ihre einzelnen Sinne haben.
Andere funktionieren wie Speicherplatten und rufen sich mit erschreckender Geschwindigkeit enorme Menge Auswendiggelerntes in Gedächtnis zurück.
Es gibt wirklich sehr, sehr viele verschiedene Menschen und Lernsysteme und -verhalten!
Ich kann dir, als Lehrer, nur sagen in welcher Struktur ungefähr ein Kurs ablaufen wird und welche hauptsächlichen Inhalte dort enthalten sein werden. Jedoch wird die Art und Weise wie etwas vermittelt wird von Kurs zu Kurs teilweise extrem verschieden ausfallen.
Selbstverständlich spreche ich hier von Einzelunterricht oder von sehr kleinen Gruppen, wie es für mich meistens ist. Bei einer größeren Gruppe wird es natürlich demokratisch und die Mehrheit verschluckt das Individuum.
Ganz generell ist es unerlässlich und zwingend notwendig, dass der Lerner lernen will. Das klingt banal und ist es überhaupt nicht.
Und auf die Frage, was wir am schnellsten und somit am leichtesten lernen ist die Antwort:
Das, was wir lieben.
Ohne Sympathie, oder im Idealfall hoffnungsloses Verliebtsein, wird niemand jemals eine Sprache schnell oder leicht lernen; und selbst wenn er/sie es doch schafft sie zu lernen, dann wird das Vergessen sehr viel schneller und stärker sein als sonst und ein Sprachgefühl wird sich nie entwickeln können.
Dieses sogenannte Sprachgefühl ist der Grundstein für jegliches Sprachhaus, wie auch immer es dann aussieht und auf welche Art es auch immer gebaut wurde.
Viele Grüße,
Dirk