@HenryHill Das Brasileira und auch schon der Post von
@Ernst57 haben mich neugierig gemacht. Ich lese schon seit einigen Wochen an einem für meinen Kleingeist etwas anspruchsvolleren Buch von José Saramago: „Das Jahr des Todes von Ricardo Reis“. Ohne begleitende Recherche geht das (zumindest für mich) nicht. Jedenfalls wird im Buch auch kurz das „Literaten-Café A Brasileira“ erwähnt.
Das Café war unter António Salazar ein geschützter Raum. Er hat wohl angeordnet, im „A Brasileira“ keine Verhaftungen vorzunehmen. Bei bekannten Regimegegnern hat die Polizei brav vor der Tür gewartet und sie erst dann möglichst diskret verhaftet. Frei nach dem Motto: Wir müssen leider draußen bleiben.
Das galt auch für manche andere Cafés in den Großstädten, wie das „Brasileira Pendant“, Café Majestic in Porto. In diesen Cafés wurden traditionell viele Tertúlias (intellektuelle, politische Gesprächsrunden, also Stammtische für Intellektuelle) abgehalten.
Diese Cafés waren zwar geschützte Räume, dennoch musste man auf der Hut sein. Denunziation war im Estado Novo an der Tagesordnung. Die PIDE soll zwischen 10.000 und 15.000 Informanten unterhalten haben. Angeblich wurden ca. 30.000 bis 40.000 von der PIDE abgelehnt, was so einiges über die Portugiesen damals aussagt. Spitzel war ein gefragter
Job. Nicht nur wir Deutschen können den Nachbarn in die Pfanne hauen.

Aber wer weiß das schon so genau? Ich habe nun keine historischen Quellen analysiert, sondern nur oberflächlich recherchiert.
Vielleicht noch ein kurzer Vergleich zum Romanischen Café in Berlin. Als 1933 die Nazis „übernahmen“, wurde die Café-Kultur im gesamten Einflussgebiet zerschlagen. Dort gab es während der Diktatur keine Tertúlias bzw. Literaten-Stammtische und Diskussionszirkel. Dort saß stattdessen die Gestapo in ihren Bomberstiefeln an den Café-Tischen. Kultur und Kunst ade.