Hallo liebe Wanderer, Pilger, Touristen, Urlauber und einfach alle, die dieses schönes Land lieben und mal gerne besuchen. An erster Stelle bitte um Entschuldigen dafür dass ich einige früheren Fragen im Forum nicht rechtzeitig beantwortet und entsprechend nicht geholfen habe… Mal hatte ich die Anfragen zu spät entdeckt, mal war noch nicht so weit – versuche mindestens jetzt etwas Information ‘freizugeben’ in der Hoffnung, dass diese Information Eure Reise durch Portugal etwas entspannter und noch schöner macht..
Nach dem wir mit zwei anderen Freunden im 2017 den portugiesischen Jakobsweg von Porto nach Santiago geschafft haben, kam uns die Idee, ein anderes Teil davon - von Lissabon nach Porto - auch mal auszuprobieren. Im Laufe des Jahres sind beide meine Begleiter aus verschiedenen Gründen abgesprungen und ich blieb mit unserer Idee ganz allein. In der karge Wüstengegend Kasachstans am Balchaschsee aufgewachsen wollte ich unbedingt ein Ozean sehen, so entschloss ich mich auf meiner Reise von Lissabon nach Porto den Küstenweg zu nehmen. Wenn man schon im Land ist, was am Ozean liegt muss man das unbedingt nutzen, um möglichst lang die schönste Aussichten, Weiten und Breiten bis ins Unendliche, ganze Kraft und Mächtigkeit des Ozeans und der Natur zu erleben. Ein Weg durch das Innere des Landes kam für mich nicht in Frage – finde persönlich etwas langweilig – ob man durch die Schweiz, Spanien, Italien oder Frankreich läuft – alles hat zwar eigenen Reiz und Flair – ist aber nicht meins…Der traditioneller Jakobsweg von Lissabon nach Porto liegt aber auch im Landinnerem.
Es ist mir nicht gelungen, für meine Tour eine detaillierte Karte zu besorgen. Habe mehrere Karten deutschen, portugiesischen, sogar auch russischen Herausgeber angeschaut – fand nichts passendes, wonach ich mich unterwegs richtig und zuverlässig orientieren konnte. Entweder waren die Karten zu spezifisch für einen normalen Wanderer oder hatten ganz wenig Info, die richtig hilfreich sein konnte.
Freundliches Angebot von einigen erfahrenen Forum Teilnehmer (Danke Wpau!), für mich GPX-Route zusammenzustellen habe ich in Betracht gezogen, mich aber in letzten Moment dagegen entschieden. Meine Tour wollte ich frei gestalten, ohne mich an bestimmte Zeiten (außer Abflugdatum) und Orte zu binden und wollte immer in der Lage sein, die Route spontan zu ändern. Außerdem konzentriert man sich permanent auf das Navigerät, um auf der Route zu bleiben, anstatt wunderschöne Aussichten um sich herum zu genießen. Habe mein Teasi nur begrenzt genutzt um Tagesstrecke, Zeiten, Positionen und ein paar anderen Details zu speichern.
Um etwas Ahnung zu bekommen, welche Richtung ich marschieren soll (und nicht nur nach Gefühl, das mein linke Schuh immer nass sein soll-dann bin ich richtig) habe ich mir Zeit genommen und am PC einfach im Google Earth mehrere Anhaltspunkten festgelegt, an denen ich evtl. übernachten bleibe. Die tägliche Abschnitte müssten um die 25-30 km sein, so sollte es, meiner Planung nach, abends genug Zeit bleiben, um Sonnenuntergang am Ozean zu bewundern und mich samt ganzem Equipment für den nächsten Tag vorbereiten zu können. Geplant waren jedes mal 2-3 Übernachtungen im Freien (hatte mein Zelt dabei) mit einer danach folgender Übernachtung an einem Campingplatz oder Surf camp, wo man die Gerätschaft aufladen und sich auch mal in Ordnung bringen kann. Mein ganzes Gepäck mit Wasservorräten brachte auf die Waage um die 28 kg. Klar, kann man drüber diskutieren, einen Vogel zeigen, mit dem Kopf schütteln, mit den Augen rollen – war meine persönliche Entscheidung und ich stehe dazu. Man kann gemütlich mit einem 7kg leichtem Tagesrücksack den Jakobsweg bezwingen, habe unterwegs aber auch einige Pilger/Wanderer gesehen, die sich (der Rucksackgröße und meines Empfindens nach) auf dem Weg aus Himalaya entschieden haben in Portugal ein paar Tage zu erholen um ein Stück Jakobsweges mitzugehen. Da schien mir mein Rucksack wie aus der Spielzeugabteilung entwendet....Und wenn man allein unterwegs ist will man nichts dem Zufall überlassen.
Mehr oder weniger bin ich meiner Reiseplanung, was Tagesstrecken betrifft, treu geblieben. Folgende Abschnitte habe ich auf meinem Weg von Lissabon nach Porto zurückgelegt:
Lissabon-Ericeira, 48 km per Bus nach Ericeira, wollte möglichst schnell an Ozean;
Ericeira- Povoa de Alem, 27km
Povoa de Alem- Peniche, 33km, Übernachtung im Camp 360, sehr neue, von junger Familie gefuehrte Anlage, 20 Euro mit ausgibiegem Frühstück
Peniche- Praia do Bom Sucesso,/Lagune von Obidos, 31km; Lagune von Obidas ist ein Unikum, habe zwei Nächte da verbracht, schöne idyllische Gegend.
Praia do Bom Sucesso,/Lagune von Obidas- Foz do Arelho,, 22km.
Foz do Arelho-Nazare, 26km
Nazare- Praia de Vieira, 35km,
Praia de Vieira- Canto das Rosas, 25km
Canto das Rosas- Figuera da Foz, 21km
Figuera da Foz-Mira, 35km
Mira-Vagos, 16km
Vagos-Toreira, 27km
Toreira-Ovar, 16km
Ovar-Espinho, 18km
Espinho-Porto, 22km
Porto
Die Antwort auf wichtigste Frage, wenn man von Lissabon nach Porto gehen will: es gibt KEINE Wanderroute, die Lissabon mit Porto verbindet und noch dazu direkt an der Küste liegt. Als Orientierungshilfe habe ich Google Maps und Straßenschilder genutzt. Die beiden muss man mit Vorsicht genießen. Die Straßenschilder bekanntlich sind für Autoverkehr vorgesehen und haben sehr oft zu der Schnellstraße geführt, wo ein Fußgänger sehr schwer hatte.. Auch sehr oft steht man vor dem Abzweig zu einer gut ausgebauter Straße, die Richtung Ozean führt. Bin 2-3 mal so reingefallen und musste nach 40-50 Minuten gemütlichen Gang feststellen, dass es am Ende nur eine Kreisel mit einer Aufsichtsplattform liegt und du ganzen Weg nach oben wieder latschen darfst, um sich wieder auf der Straße aufzufinden. Mehrmals bin ich auf der Suche nach einem Küstenweg kleine Wege genommen, die entweder von Tieren oder Einheimischen durch den Bambuswald oder Felsen Richtung Wasser führten, stand aber genau so oft entweder vor einer sumpfiger Fläche oder an der Klippe, wo man sich zum Wasser nur abseilen konnte. Auch angebliche Waldschneisen, die man beim Zoomen im Google finden kann, sind sehr oft seit Jahren nicht mehr benutzt wurden und der letzte Mensch hier wahrscheinlich Vasco da Gama mit seinen Matrosen war. Da musste ich sehr oft über gefallene Baumstämme krabbeln und paar mal sogar mit meinem Rucksack an einem-anderem Ast hängen geblieben.
Mehrere Küstenabschnitte, die auf den Satellitenfotos als gemütliche Sandstrände aussehen sind in Wirklichkeit sehr weich und bei jedem Schritt schaufelt man volle Boots Sand. Und ich hatte richtig hohe Schuhe gehabt. An solchen Abschnitten sank meine Geschwindigkeit bis auf 2.0-2.5km/h. Manche kleine Flüsse gaben auch keine Möglichkeit für Übersetzung. Mal war die Strömung zu schnell und die Tiefe unbekannt, mal stand ich vor einer ausgebrannter Brücke, die man vielleicht ohne Rucksack vom Pfosten auf Pfosten überspringen kann nicht aber mit großem sperrigem Rucksack.
Die erste zwei-drei Tage insgesamt habe ich mich entlang Nationalstraße (Bundestrasse) N247 bewegt. Die geht von Ericeira bis nach Peniche und weiter und es gibt wirklich in der Region nicht viel anderen Möglichkeiten zu Fuß zu kommen, als entlang dieser Nationalstraße. Das war etwas anstrengend. Mit Holz vollbeladene LKWs rasen dir entgegen, freundlich hupend. Laut, eng und nicht ganz entspannend– es gab aber für mich keine andere Möglichkeit, bestimmte Abschnitte zu bewältigen. Zwischen Peniche und Figueira da Foz verläuft eine alte, nicht mehr benutzte Landstraße – eine neue ist einige Kilometer östlich im Betrieb, so hatte ich ganze Landstraße mit beidseitigen Fahrradwegen über 2-3 Tage nur für mich allein.
In Figueira da Foz gibt es für die Fußgänger nur eine Möglichkeit über den Fluss Mondego zu kommen – das ist die Autobahnbrücke. Es gibt da aber ganz schmaler Weg, wo man relativ sicher gehen kann. Allerdings bei Ein- und Ausfahrten muss man doch über die Fahrbahn gehen
Es wüteten vor paar Jahren großflächige Waldbrände in Portugal. Man geht manchmal eine Waldschneise oder Landstraße entlang und soweit Auge sieht hattest du nur noch verkohlte Bäume. 20-30km.. Etwas gespenstige Gegend, besonders beim Übernachten, desto mehr ist die Freude, wenn man sieht, wie sich die Mutter Natur langsam, aber breitflächich regeneriert und bunter Pflanzenteppich ausgebrannte Stellen bedeckt.
Sehr wichtig ist bei der Planung der Route und besonders unterwegs – sich rechtzeitig auf größere Hindernisse, wie Flüsse, Lagunen, Sperrgebieten vorzubereiten und entsprechend frueher abbiegen. Eine davon war auf dem Weg Lagune von Obidos, die andere – die riesige Gelände einer Papierfabrik in der Nähe Marinha das Ondas. Vor dem Stacheldraht der Fabrik stehend habe ich rechts und links von mir nur mehrere km Sand auf meinem Umweg zu bewältigen sehen. Es hat mir viel Zeit, Kraft und Schweiß gekostet, durch tiefen Sand und alle Steigungen wieder auf die Straße zu kommen.
In Sao Jacinto muss man mit der Fähre über die Ria de Aveira rüberfahren. In ca.10 Minuten ist man auf anderer Seite und da beginnt Reserva Natural das Dunas – Naturschutzgebiet, wo man auf keinem Fall Zelt aufstellen darf. Rangerpatroullen und saftige Strafen helfen bei Erhalt unikaler Natur. Dafuer gibt es in 5-6 km ein staatlicher Kempingplatz, wo man sein Zelt aufstellen kann und als Belohnung für die Strapazen letzen Tage für nur 8 Euro im Restaurant ein 5-Gangmenü aus portugisiescher Küche mit Karaffe Wein und einem Dessert bekommt.
Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Weg gibt es genug. Je nach dem, wie man tickt, verwöhnt oder hart ist, was man erleben möchte und was man vor hat, kann man sich zwischen Hotels, Airbnb, Campingplatz oder Zelt entscheiden. Die letzte 3 Optionen habe genutzt. Als Orientiere für optimale und günstige Übernachtung habe ich aus Erfahrung die Orbiur-Campingplätze ausgesucht. Die verfügen immer über genug Platz, auch für die Pilger (mit Pilgerausweis) gibt es oft Vergünstigungen. Als Einzelperson habe ich immer für 12 Euro für die Nacht ein separates Häuschen mit einem Doppelbett, einem Sofa, Tisch und Kühlschrank bekommen. Bettwäsche und Hygienezeug waren auch dabei. Zu dritt bekamen wir gleiches Häuschen im 2017 für 8 Euro pro Person. Manche Campingplätze (die nicht zur Orbitur-Gruppe gehören) hatten entweder nur Platz für das Zelt (auch um die 8 Euro/Person) oder sehr große Häuser für 5-6 Person und waren zu teuer.
Bei Airbnb muss man aber darauf achten, dass man bei der Suche ganz genau richtige Ortschaft auswählt. Unterwegs habe ich eine Frau aus Deutschland getroffen, die versehentlich ein Hotel mit gleichem Namen auf der gleichnamigen Straße und Ortschaft reserviert und bezahlt hatte. Nun leider nicht im nächstliegendem Dorf, sondern in…Brasilien..
In Nazare, z.b. beim eintreffen sieht man überall Schilder – zimmerfrei – da kann man sich schon ohne davor was zu buchen direkt im Ort etwas wählen. Natürlich abhängig von Jahreszeit. Da das Städtchen, wo die höchste Wellen gerade im Herbst kommen, eine weltbekannte Mekka für Surfer ist kann es manchmal mit Übernachtung eng werden.
Sollte man mit dem Zelt unterwegs sein, so nehmt bitte möglich längste Heringe. Ob man zum Übernachten in den Dünnen bleibt, im Wald oder in der sumpfiger Gegend – der Boden ist überall sehr weich und beim manchmal stürmischen Wind schlupfen die Heringe aus dem Boden raus wie Stück Seife aus der Hand. Ein paar Seile zum Zeltbefestigen an den Bäumen , so wie zusätzliche wasserfeste Unterlage wären auch nicht verkehrt. Am Ozean ist die Luftfeuchtigkeit sehr hoch, morgens war auch der Boden feucht.
Nach meiner ersten Landung in einem Sumpf (wer sucht der findet), habe ich auch festgestellt, dass meine treue Treckingstöcke für diesige Verhältnisse ganz und gar nicht geeignet sind. Zum Glück die Auswahl von alten Bambusstämmen war gigantisch, so habe ich mir einen davon mit ca. 230cm Länge präpariert und war damit die nächste 12-13 Tage sehr-sehr glücklich, während sich zusammengeklappte Stöcke im Rucksack lagen.
Habe für ganze Tour 17 Tage gebraucht. Mit allen Umleitungen und Sackgassen bin ich auf 381km gekommen (habe zusätzlich abends vor dem Schlaff, je nach Möglichkeit, noch die Gegend und schöne Städtchen in der Umgebung besichtigt, wobei jedes mal noch 3-5 km dazu kamen.
Obwohl es unterwegs nicht immer leicht war und ich paar mal mit Versuchung gekämpft habe, per Anhalter bis zur nächste Station zu kommen, habe ich mein inneres Schweinehund doch besiegt und meinen zwei Beinen treu geblieben. Das Gefühl, wenn du in Porto reinmarschierst gleicht sich dem Zieleinlauf bei deinem ersten Marathon – Freudentränen, Stolz und du selbst, ein Kopf grösser als noch vor paar Wochen. Und diese Reise durch dieses wunderschönes Land bleibt für immer in Erinnerung und ich schließe nicht aus, irgendwann diesen Weg noch mal zu erleben.
Da Deutsch, wie man bestimmt gemerkt hat, nicht meine Muttersprache ist, bitte ich mich für alle grammatische und stilistische Fehler zu entschuldigen. Gerne beantworte ich Fragen und stelle, falls jemand Interesse hat Fotos von verschiedenen Wegabschnitten im Forum zur Verfügung.