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Gespräche über Portugals sozio-kulturelle Unterschiede gesucht

Hallo nochmals,
ich habe endlich das grüne Licht von dem Stipendium erhalten. Nun kann ich alles vorbereiten und fertigstellen.
Das verdanke ich auch euch allen. Ich danke euch für die Kritik und auch für die ganzen tollen Ideen!!
Ich habe ganz viele Termine mit Professoren aus der ULisboa, die sich mit der Geographie beschäftigen (Die IGOT ist die einzige Schule, die sich ausschließlich mit der Lehre der Geographie beschäftigt) und auch mit dem Autor Paulo Moura und vielleicht noch weitere Termine mit vielen weiteren spannenden Menschen.
DANKESCHÖN!
 
Moin!
Es ist schon etwas her, aber ich denke sehr oft an meine Zeit in Portugal zurück.
Ich danke euch allen hier für eure Hilfe! Ob es Kritik, Kontakte oder andere Empfehlungen oder Tipps waren, alles davon war hilfreich und ich freue mich sehr darüber, dass ich viel aus diesem Forum mitgenommen habe und auch umsetzen konnte. Ich habe als kleines Abschlussprojekt eine "Vlogging-Dokumentation" gedreht, die ich leider nicht direkt teilen kann, weil die Datei riesig ist. Jedoch wollte ich euch trotzdem einen kleinen Eindruck meiner Reise geben...



Mein Thema: „sozio-kulturelle Disparitäten in Portugals Binnen- und Küstengebieten – Wie bemerkbar ist die Handelsgeschichte noch heute?“ ist in einer Erdkundestunde entstanden. Als wir dann zufällig zugeloste Nationen auf einem Schnipsel Papier erhalten haben, war ich mit Portugal relativ enttäuscht. Denn das Einzige, was ich über das Land wusste, war, dass der Weltfußballer Cristiano Ronaldo für diese Nation aufläuft. Über Disparitäten oder naturgeografischen Besonderheiten Portugals wusste ich bis dato noch gar nichts. Doch als ich mich mit Portugal befasst und mich darauf eingelassen habe, konnte ich die Präsentation mit voller Leidenschaft und Interesse vortragen, wobei ich im Hinterkopf immer einige offene Fragen hatte. Natürlich habe ich als 10. Klässler auch nicht direkt genau an diese Formulierung gedacht und noch weniger habe ich daran gedacht, zwei Jahre später die Möglichkeit zu bekommen mit diesem Thema nach Portugal zu reisen und meinen Fragen, die mir als 10.Klässler durch den Kopf geflogen sind, vor Ort in Portugal nachzugehen.



Nach dem ich dann mit Martin Seiwert, meinem Mentor, in Kontakt gekommen bin, war das größte Problem eine Unterkunft und Kontakte für mein Thema in Portugal zu finden. Zur Hochsaison des Tourismus und wortwörtlich heißesten Zeit in Portugal, waren diese zwei Aufgaben für mich auf dem ersten Blick unmöglich. Nach unzähligen Mails an Organisationen, Vereinen, Unternehmen, Privatpersonen, etc. bin ich auf die Webseite „holiday for help“ gestoßen, wo ich mein Inserat hochgeladen habe. Nach kurzer Zeit erhielt ich eine Antwort von Sonja und Holger, die mir leider keine Zusage geben konnten, da sie zu der Sommerzeit keine Hilfe auf ihrer Farm benötigen und somit niemanden aufnehmen. Trotzdem haben sie mir auch weitere Webseiten empfohlen, darunter auch das Portugalforum. Dort habe ich nach Hilfe und Anregungen für meine Reise gefragt und zunächst nur viel Ablehnung erhalten. Nachdem sie meine Situation verstanden haben und ich ihnen erklärt habe, dass ich kein Journalist bin und auch keine Doktorarbeit schreibe, sondern einfach Interesse an meinem Thema habe, wurden die Nachrichten interessanter und hilfreicher, sodass ich auch viele Anregungen erhielt. Alles hat seinen Lauf gefunden und als ich nach Antworten auf mein Inserat schauen wollte, ist mir aufgefallen, dass es nicht mehr existiert. Genau dieser Moment war entscheidend für meine Reise. Denn ich stand jetzt vor der Entscheidung: Mache ich mir jetzt während der Abiturphase, wo das Lernen im Vordergrund steht, die Mühe und lade ein neues Inserat hoch, obwohl ich nur eine einzige Antwort erhalten habe, in welcher stand, dass ich es lieber auf anderen Plattformen probieren sollte, da es auf holiday4help kaum Angebot aus Portugal gibt? Oder lasse ich es sein und fokussiere mich auf anderen Plattformen oder eher auf das bevorstehende Abitur? Tatsächlich habe ich nicht lange nachgedacht und ein neues Inserat hochgeladen, was meinem Ersten sehr geähnelt hat. Der einzige Unterschied zum vorherigen Inserat war die zusätzliche Information, dass ich seit mehreren Jahren Fußball beim SW Sende spiele, wobei ich nicht einmal registriert habe, dass diese Information gefehlt hat. Nach einige Minuten vibrierte mein Handy und erneut bekam ich eine Antwort von Sonja und Holger. Lest es selbst: „Hallo Xavier, hier sind noch mal Sonja und Holger aus Portugal. Wir haben gerade deine neue Anfrage gesehen und wegen unserer familiären Nähe zu SW Sende (Familie Gxx / Hxx) würden wir dir sehr gerne anbieten, die Zeit für deine Reise bei uns zu verbringen…“ Ab diesem Zeitpunkt stand für mich fest, das ist kein Zufall, das ist Schicksal!

Was mir besonders an meiner Art des Reisens gefallen hat, ist der Fakt für mich, dass es nicht vergleichbar mit einem Urlaub war. Denn ich war kein einfacher Tourist und habe mir alles grob angeschaut, buchte mir ein „All inclusive Hotel“ und aß, jeden Tag von dem Buffet. Mit der Unterkunft bei Sonja und Holger von holiday4help konnte ich auf der Farm mitwirken. Ich reparierte Heizanlagen, packte in der Werkstatt an und richtete diese komplett ein, half bei dem täglichen „Pferdewahnsinn“, wie es Sonja und Holger nannten, baute mit Holger draußen einen Steinboden ein und und und. Es hat sich aber nicht wie Arbeit angefühlt und es war auch keine normale Reise. Ich habe die Tage, an denen ich forschen konnte, die Tage, die ich mir „erarbeitet“ habe so unfassbar viel gelernt und so viele Erfahrungen gesammelt. Ich habe diese freie Zeit dadurch umso mehr geschätzt und genossen.




Vor allem durch die Anreize aus dem Portugalforum, konnte ich noch in Deutschland sehr viele Kontakte knüpfen. So wurde mir beispielsweise ein Autor empfohlen, der ein Buch geschrieben hat (heute kenne ich ihn: Paulo Moura), was sich mit meinem Thema überschneidet. Auch der Vorschlag nach Universitäten Ausschau zu halten, hat mir sehr geholfen. Somit bin ich auf die IGOT gestoßen, welche die einzige Hochschule Portugals ist, die sich ausschließlich mit der Geographie befasst. Dort habe ich den Lernraum „Urban and Regional Change and Policies“ gefunden, in dem auch einige Professoren waren, welche ich angeschrieben habe. Diese haben mir teilweise nicht zurückgeschrieben, jedoch gab es Ausnahmen, die dies taten und mir ihre Hilfe angeboten und weitere Forscher und Doktoren empfohlen haben. Dadurch konnte ich auch aus der Hochschule viele Kontakte sichern. Darüber hinaus nahm ich Kontakt mit der Deutsch-portugiesischen Handelskammer auf, welche mich nach einigen Versuchen dann zu einem Partner Unternehmen von Nicole Moiteiro weiterleiteten. Dr. Peter Eschweiler konnte ich kennenlernen, als ich das Reiseunternehmen „Gebeco“ kontaktierte und nach einigen Telefonaten davon überzeugte, dass ich einen geeigneten Reiseführer mit sehr gutem portugiesischen geschichtlichen Hintergrundwissen benötige.



Nachdem ich so immer mehr Kontakte knüpfen konnte, rückte die Frage nach der Umsetzungsart immer näher. Für mich war klar, dass ich eine kreative Lösung treffen will und das nicht auf die leichte Schulter nehmen werde, sondern viel Arbeit und Leidenschaft investieren will. Gleichzeitig will ich die Menschen, die das Lesen auch auf meine Reise mitnehmen und meine Erfahrungen, Eindrücke und Perspektiven mit anderen so teilen, dass man nahezu behaupten könnte, man sei selbst in Portugal gewesen. Zusätzlich stieg mein Interesse für Foto- und Videokameras am Anfang des Jahres, sodass ich mich für eine „Vlogging-Dokumentation“ entschieden und mir eine DJI Pocket zugelegt habe. Mir war auch von Anfang an klar, dass diese Reise kein Urlaub sein wird und, dass es Höhen aber auch Tiefen geben wird, was auch genau so eintraf. Mit diesem alternativen Format will ich auch diese miteinbeziehen, weil ich den Zuschauern damit auch eindrücklicher vermitteln kann, dass es auch schwere Zeiten gab, wo nicht alles Rund lief und man sich vielleicht auch einsam gefühlt hat. Für mein Thema selbst war dies auch von Vorteil, weil ich somit die unterschiedlichen Perspektiven bei den Interviews besser festhalten und die vielen unterschiedlichen Informationen besser vermitteln konnte. Zudem konnte ich mir somit die Gespräche auch im Nachhinein anschauen und entscheiden, was ich wie den Zuschauern visualisieren will und dem Ganzen so eine gute Struktur verleihen. Der einzige Nachteil dieses Formats ist der erforderliche hohe Aufwand, den man investieren muss, was mir aber im Vorhinein schon klar war. Eine zusätzliche Herausforderung war, dass ich zuvor noch nicht mit einem Videoschnittprogramm gearbeitet habe und ich dadurch auch Grundwissen des Schneidens in DaVinci Resolve erlernt habe.

Dementsprechend spiegelt mein gewähltes alternatives kreatives Format meine Reise optimal wider und fesselt die Zuschauer hoffentlich, damit ich sie mit meinem Thema und meiner Reise faszinieren kann.



Für meine Recherche vor Ort erstellte ich noch in Deutschland einen Interviewbogen, an den ich mich orientieren konnte, damit ich im Gespräch mit meinen Interviewpartnern nicht den roten Faden verliere und stets eine Struktur habe. In Portugal habe ich dann zwei zusätzliche Kontakte knüpfen können, und zwar mit Olinaldo Oliveira und Teressa. Beide habe ich bei meinem kleinen Trip nach Porto spontan kennengelernt. Am Abend meiner Ankunft in Porto ist mir auf dem Weg zu meinem Hostel ein kleines Weingeschäft aufgefallen. Der Weinladen von Olinaldo Oliveira, einem leidenschaftlichen Sommelier, der mich sofort freundlich empfangen hat. Nach einem kurzen Gespräch war klar, dass die Kommunikation eine Herausforderung wird. Zwar hat das mit einem online Übersetzer funktioniert, jedoch litt daran die Qualität der Aussagen und der Sprachfluss. Zu unserem Vorteil kannte er einen netten jungen Mann, welcher sich um die Mediation gekümmert hat. Mit diesem haben wir uns am nächsten Morgen im Weinkeller getroffen und das Interview fortgesetzt. Insgesamt war das sehr zu meinem Vorteil, da ich in den vorherigen Tagen einige bekanntere große Weinkeller kontaktiert habe und diese mir entweder nicht geantwortet oder eine Absage erteilt haben. Am selben Tag bin ich auch noch weiter durch Porto geschlendert und konnte die kleinen Gassen bestaunen. Dabei ist mir ein großes Schild mit der Beschriftung „WOW“, was für „World of Wine“ steht, aufgefallen. Ich habe mich dazu entschlossen meine Chance zu nutzen und einfach mal nachzufragen, ob ein spontanes Gespräch möglich wäre. Als ich mich dann am Infopunkt informiert habe, ob dies möglich sei, wurde mir zunächst gesagt, dass ich für eine Museumstour Geld bezahlen müsse. Damit wollte ich mich aber nicht zufriedengeben, sodass ich weiter nachhakte und das Stipendium erwähnte. Schließlich sollte ich in etwa einer Stunde nochmals erscheinen und dann würde sich herausstellen, ob eine Expertin Zeit und Interesse an diesem Gespräch hat. Nach einem kurzen Mittagessen in Porto befand ich mich erneut vor dem „WOW“-Festival und Teressa, eine Expertin Portugals Geschichte, wartete dort auf mich. Das Gespräch war vergleichsweise sehr kurz. Statt zwei bis drei Stunden haben wir elf Minuten gesprochen. Der Gesprächsverlauf war sehr flüssig und ich hatte das Gefühl, dass Teressa von Minute zu Minute immer mehr Interesse an meinem Thema gezeigt hat. Am Ende war Teressa sehr begeistert von mir, meiner Reise und meinem Thema. Sie bedankte sich, obwohl ich mich bedanken sollte und sie meinte, dass es sehr Spaß gemacht hat dieses Interview mit mir geführt zu haben und glücklich sei, dass sie sich doch die Zeit genommen hat. Die Freude war ganz meinerseits! Dies hat mir nochmal bewiesen, dass in der Kürze die Würze liegt.

Die von mir schon in Deutschland vorbereiteten Interviewpartner habe ich dann in Portugal kontaktiert, um mit ihnen ein Termin zu vereinbaren. Dabei bin ich mehrmals nach Lissabon gefahren, wobei mir Sonja und Holger sehr behilflich waren. Denn sie brachten mich entweder zur Fähre nach Montijo, wo ich dann nur noch die Fähre nach Lissabon oder nach Vila Franca de Xira, wo ich dann den Zug nach Lissabon nehmen konnte. Die Treffen in Lissabon fanden dann entweder in der Hochschule IGOT oder in einem Café statt. Falls ein Treffen nicht möglich war, wollte ich den Kontakt trotzdem nicht verlieren und habe meist eine Videokonferenz vorgeschlagen, was auch gut funktioniert hat. Doch nicht alles verlief sofort wie geschmiert. Beispielsweise wäre das Gespräch unter normalen Bedingungen mit Luis nicht zustande gekommen, da er Urlaub in Ericeira, einer Küstenstadt in Portugal, gemacht hat. Die Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Ericeira ist eher mangelhaft, sodass ich diesen Termin zunächst streichen musste. Als jedoch Sonja vorgeschlagen hat, dass man diesen Termin auch mit einem kleinen Ausflug verbinden kann, was überhaupt nicht selbstverständlich ist, konnte ich doch mit Luis Moreno sprechen. Bei dem Gespräch selbst haben wir uns sofort super verstanden, sogar so gut, dass er mich in sein Ferienhaus eingeladen hat, damit die Tonqualität für mein Video besser ist. Ein weiteres Beispiel dafür ist das Treffen mit Paulo Moura, dem Autor. Dieser war mein erster Kontakt in Deutschland, was mich weiter motiviert hat weitere Kontakte zu knüpfen und sich zu trauen es einfach mal zu probieren. Schlimmer als ein Nein kann es nicht sein. Doch als ich dann in Portugal war, hatte er Beschäftigungen im Norden Portugals oder in Spanien, wodurch ich vier Wochen lang kein Treffen vereinbaren konnte, weil ich sehr selten und unregelmäßig Nachrichten von ihm empfangen habe. Erst gegen Ende meiner Reise meldete er sich und das vereinbarte Treffen konnte doch stattfinden. Kurz vor Abpfiff meiner Reise hat mir auch dieses Gespräch bewiesen, wie unfassbar spannend mein Thema ist und wie viele unterschiedliche Perspektiven die Portugiesen darauf haben. Gleichzeitig habe ich auch kurz vor Schluss schon realisiert, wie unfassbar stolz ich auf mich und meine Reise sein kann, weil ich alle Herausforderungen gemeistert und in diesen 30 Tagen so viel für meine Zukunft gelernt habe.



Alles in allem war es für mich eine unvergessliche, herausfordernde und prägende Reise. Ich bin dankbar für diese Chance, wodurch ich über mich hinausgewachsen bin und an Selbstständigkeit dazugewonnen habe. Es hat mich in gewisser Weise auch auf die bevorstehende Zeit in der Universität vorbereitet. Dabei bin ich aus meiner Komfortzone herausgetreten, habe mich auf andere Menschen und Kulturen eingelassen und habe Schritte gewagt, die ich mir vor einigen Monaten noch nicht zugetraut hätte. Ich danke zis für diese Chance!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo, @Xavier ! Das klingt alles ganz wunderbar und portugiesisch, ja, Vieles erscheint einem wie Schicksal.
Es ist großartig, was Du erreicht hast und all das wirklich mit Leidenschaft durchgezogen und erlebt hast. Besser konnte es ja kaum kommen.
Und vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht! Wenn Du in Deinem Leben weiter so vorgehst,
wirst Du Vieles erleben, genießen und auch tolle Menschen treffen. Und sicher auch einigen davon was zurückgeben.
Hut ab.
 
Lieber Xavier, ich habe deinen netten Beitrag einmal etwas anonymisiert, nicht, dass gleich ganz Sennestadt vor unserer Türe steht. ;)
Wir haben die Zeit mit dir hier sehr genossen, bedanken uns auch gerne in aller Öffentlichkeit für deine Hilfe und sind froh darüber, dich kennenlernen zu dürfen und dich bei deinem Projekt unterstützen zu können.
Beste Grüße
Sonja und Holger
 
Edit - sorry, ich hatte das hier tatsächlich ernst genommen ... :klatsch:
 
Zuletzt bearbeitet:
@Brodnik - Dieser Faden ist bzw. war durchaus ernst zu nehmen, es ist allerdings mittlerweile schon fast ein Jahr her, dass Xavier hier auf "Forschungsurlaub" war. Wie doch die Zeit vergeht, wenn man sich amüsiert. :cool:
 
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