Die Geschichte Portugals ist auch die Geschichte der Frauen des Landes. Als das Land sich von der Monarchie zur Republik wandelte, prägten Frauen mit nicht alltäglichen Biografien den Aufbau der neuen Gesellschaft. Sie kämpften für ihre sozialen und wirtschaftlichen Rechte und traten für alle Geschlechts-Genossinnen ein, denn die meisten Frauen-Rechtlerinnen selbst kamen aus begüterten Bildungs-Haushalten. Einige Beispiele:
Ärztin und FrauenrechtlerinCarolina Beatriz Ângelo (1877 – 1911) aus dem nordportugiesischen Guarda – Portugals erste weibliche Chirurgin. Als Aktivistin der Liga Republicana das Mulheres Portuguesas lebte sie so, wie es erst viel später Alltags-Normalität wurde: Sie war alleinerziehende Mutter und stritt für die Legalisierung von Ehescheidungen. Die Verbindung von Intellekt, Familie, Beruf und politischen Kampfgeist machte sie im Portugal zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer außergewöhnlichen Figur. In die Annalen der Politik ging sie außerdem als die erste Frau ein, die ihr politisches Stimmrecht geltend machte. In den Gesetzen des Landes gab es weder ein Verbot, noch eine ausdrücklich Genehmigung der Teilnahme von Frauen an politischen Wahlen; Carolina Ângelo nutzte die Gesetzeslücke und kämpfte erfolgreich um ihre Eintragung in die Liste der Wahlberechtigten. Mit der Wählernummer 2.513 des Lissabonner Bezirks São Jorge de Arroios stimmte sie am 28. Mai 1911 beim Urnengang zur verfassung-gebenden National-Versammlung ab. Obgleich Carolina Ângelo mit ihrem Erfolg in ganz Europa Schlagzeilen machte, bestimmte das von ihr mitgewählte Parlament 1913, dass nur Männer wahlberechtigt sein sollten. Das allgemeine und unmittelbare Wahlrecht kam erst mit der Nelkenrevolution 1974. Zuvor, im Estado Novo, durften ab 1932 Frauen mit höherem Bildungsabschluss wählen. Carolina Ângelo starb kurz vor dem ersten Geburtstag der Republik im Alter von nur 33 Jahren, überzeugt, „im wenigen Jahren viel gelebt zu haben“.
Unterstützung vom EhemannEine andere Medizin-Pionierin, Adelaide Cabete (1867 – 1935) war in Elvas in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Als Kind besuchte sie keine Schule, arbeitete früh in der Landwirtschaft. Ihren Aufstieg in die Bildungselite, wie sie immer betonte, verdankte sie ihrem Mann: Manuel Cabete war Unteroffizier in der Armee und glühender Anhänger der republikanischen Bewegung – und er half seiner Frau im Haushalt und förderte ihre Ausbildung. Mit 29 Jahren schaffte sie die Aufnahme in die Medizinisch-Chirurgische Fakultät in Lissabon, ihre Lehrer waren Portugals namhafteste Mediziner jener Zeit: Miguel Bombarda, José Curry Cabral, Ricardo Jorge und Alfredo da Costa. Adelaide wurde die dritte Ärztin in Portugals Medizingeschichte. Gemeinsam mit Carolina Ângelo gehörte Adelaide Cabete zu den Gründerinnen des Grupo Português de Estudos Feministas. Ihre gesellschaftlichen Aktivitäten waren vielfältig: Frauenärztin, Lehrerin, Tierschützerin, Menschenrechtlerin, Freimaurerin und Pazifistin, sie war auch journalistisch tätig. Ihre Diplomarbeit zum „Schutz Schwangerer aus armen Verhältnissen als Weg, nachfolgenden Generationen eine gute Entwicklung zu garantieren“, war Leitmotiv ihres politischen Einsatzes. Adelaide war es auch, die heimlich die republikanischen Flaggen nähte, die am Tag der Ausrufung der Republik gehisst wurden. 1923 vertrat sie die portugiesische Regierung beim Internationalen Feministinnen-Kongress in Rom.
Streiterin für KinderrechteMaria Carolina Frederico Crispim (1871 – 1955) aus Faro wurde unter ihrem Pseudonym Maria Veleda bekannt. Auch sie war „aus Überzeugung und freier Entscheidung“ alleinerziehende Mutter. „Wir verteidigen die Frau gegen jede Art von Vorherrschaft“ war ihr Leitsatz. Ihr Vater starb früh und sie trug mit Privatunterricht zum Unterhalt der Familie bei. Hauptberuflich unterrichtete Maria Veleda an einer privaten Schule in Serpa. Neben dem Kampf für die Gleichberechtigung lag ihr das Schicksal von Straßenkindern am Herzen. Sie stritt für kostenlose Schulen. Die Beschäftigung mit Kindern motivierte sie zu Kindergeschichten, die sie 1904 als Buch herausgab. Maria Veledas Leidenschaft galt dem Schreiben, als politisch interessierte Frau schrieb sie aber auch politisch engangierte Texte. In einem Artikel forderte sie politische Stellungnahmen der Königin, was Maria Veleda 1909 eine Anklage wegen „Missbrauchs der Pressefreiheit“ einbrachte. Die Politik war es auch, die Maria Veleda dazu brachte, wieder ins Privatleben zurückzukehren: Am 19. Oktober 1921 wurden in der so genannten Blutnacht drei führende republikanische Politiker ermordet. Es wurde nie geklärt, ob es sich um eine monarchistische Verschwörung oder um eine Tat von Extremisten aus den eigenen republikanischen Reihen handelte. Wegen dieser Zweifel zog sich Maria Veleda aus der Politik zurück.
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“ gewährt einen ungewöhnlichen und sehr ausführlichen Einblick in die Rolle der Frau in Portugals Geschichte und erzählt Schicksale und Leistungen namhafter und namenloser Frauen. (Zília Osório de Castro u. João Esteves (Herausgeber); 904 S.,. Verlag Livros Horizonte, Lisboa 2005, ISBN: 972-24-1368-6...
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