Direkt "umme Ecke" wohnt Wolle, ein echtes Ruhrpottoriginal welches irgendwann am Stausee gestrandet ist. Er verwirrt die Portugiesen nicht nur mit seinem sehr rudimentären Sprachkenntnissen, zu allem Überfluss wirft er ihnen gerne auch noch ein wenig Ruhrpottslang entgegen. Die verzweifelten Versuche der Einheimischen "Hömma" oder "Ollen" mit Deepl zu übersetzen scheiterten natürlich, aber meistens gelingt die Kommunikation dann doch irgendwie.
Wenn sie nicht gelang, dann lag es oft an Wolfgangs "dollen fünf Minuten". Der Frührentner hat neben seiner eigentlich recht charmanten, direkten Art leider auch eine cholerische Ader. Dann sollte man ihm besser aus dem Weg gehen. Machen eigentlich auch alle, außer eben Dona Mafalda, die in solchen Momenten eher aufblüht. Wenn es mal wieder zu einem der Showdowns zwischen den beiden an Wolles nicht mehr fahrbereiten Wohnmobil kam, dann verzogen sich selbst die Hühner.
Wolle find ich gut, der kann so bleiben.
Da Wolle aufgrund seines täglichen Alkoholkonsums die Fahrerlaubnis entzogen wurde und er sich mit dem Fahrrad ständig auf die Nase legen würde, wenn er von seiner Stammkneipe im Ortkern hinaus zu seinem nicht fahrtüchtigen Wohnmobil in welchem er auch haust, dachte er sich, da müsse ein Reittier her und auf einem Viehmarkt in Beja erstand er einen Maulesel der auch groß und kräftig war, Wolle mit seinem Bierbauch durch die Gegend zu tragen. Bei diesem Tier handelte es sich um eine Kreuzung als Kaltblutpferd und Riesenesel. Wolle stellte schnell fest, das sein neuer Begleiter auch ganz gerne Mal ein Schlückchen Bier mochte, aber viel vertragen konnte als Wolle selber. Wolle nannte seinen neuen Freund Sputnik.
Eines Nachmittags war Wolle mal wieder auf dem Rücken seines Freundes Sputnik auf den Weg Richtung Ortskern, wo er am alten Herrenhaus einer großen Herdade vorbeikam. Das Gebäude stand schon lange leer und man erzählte sich in der Gegend, dass er dort spuken sollte. Insbesondere Carlos, ein portugiesischer Gastarbeiter aus Deutschland, der seinen Lebensabend in der Heimat verbrachte, erzählte ständig von irgendwelchen Geistern, die im besagten Gebäude ihr Unwesen treiben sollten.
Carlos war ein Saufkumpane von Wolle, er war zudem einer der wenigen Portugiesen im Ort der Deutsch sprach, und somit konnten die zwei Männer sich, während sie sich Wein, Bier und Macieira hineinkippten problemlos unterhalten, auch dann noch, wenn eine klare und deutliche Aussprache nicht mehr möglich war.
Wolle fiel ein großes Auto mit französischem Kennzeichen auf, welches am Straßenrand unmittelbar neben dem verfallenen Portal des Landgutes. "Schau mal Sputnik mit dem Auto kommt man die kaputte und von Wildwuchs überwucherte Auffahrt nicht mehr hinauf, aber du mein Freund, hättest da kein Problem."
Dann fielen im zwei Männer auf, der eine dunkelhaarig, ein recht smarter und schlanker Typ. Der andere ein Typ von eher kräftiger Statue mit rotbraunen Haaren und einem gezwirbelten Oberlippenbart.
Wolle fragte sich, wer die zwei wohl waren und ritt weiter, als plötzlich ein roter und ein blauer Opel Manta, tiefgelegt und mit Fuchsschwanz an der Antenne an ihm vorbeirauschten, zudem hatten beide Fahrzeuge das Kennzeichen seiner Heimatstadt im Ruhrgebiet und sie kamen ihm irgendwie bekannt vor, da Wolle selber Jahre lang ein Mantafahrer aus Überzeugung gewesen ist und auch viele Jahre Vorsitzender der örtlichen Mantaclubs war.
Wolle ritt weiter und spornte seinen Freund Sputnik an, es Gas zu geben, da er schnellstens in seiner Stammkneipe seinen Freund Carlos treffen wollte, der immer über alles im Ort Bescheid wusste, auch wenn es neue Zugereiste gab.
Wolle erreichte sein Stammlokal, wobei es sich um den Schankraum einer am Ort ansässigen Pension handelte, welche von Dona Cremilde betrieben wurde. Sie war die Cousine von Dona Mafalda und die Lebensgefährtin von Wolle´s Kumpel Carlos., der auch in de Pension stundenweise als Nachtportier tätig war. Da Pension und Kneipe sehr zentral gelegen waren, bekamen Dona Cremilde und Carlos immer alles mit. Sie waren nicht unbedingt neugierig, aber ihren Augen und Ohren entging einfach nichts, was täglich in Vila Nova das Galinhas passierte.
Wolle sprach seinen Kumpel Carlos direkt auf die zwei Typen bei der verlassenen Herdade an, "Ach das sind der Fuchs und Kater. Wir nennen sie hier so im Ort. Zwei etwas zwielichtige Gestalten aus Marseille, wobei der eine als Sohn portugiesischer Zuwanderer in Frankreich geboren wurde. Die zwei wohnen schon seit einigen Tagen hier in der Pension und sind allem Anschein wohl dabei, hier einen Immobilienhandel und andere Geschäfte aufzuziehen." - erklärte Carlos.
Plötzlich kam Dona Cremilde, die ebenfalls etwas Deutsch sprach dazu und sagte mit verärgerter Stimme - -Wolle, wie oft habe ich Dir schon gesagt, dass Du Deinem Sputnik einen Beutel unter den Hintern hängst, wenn er hier vor dem Haus angebunden ist. Und von wegen in Frankreich geboren, der Typ spinnt. Er wurde hier im Alentejo geboren, und als er mit seinen Eltern weg nach Frankreich ging, da war schon vier oder fünf. Ich kenne seine Mutter, sie ist mit mir in Elvas zur Schule gegangen. Von Wegen Jean-Pierre, in seinem französischen Pass steht er unter Joao-Pedro.........Die zwei Typen sind echt seltsam. Sie schlafen hier in der Pension, obwohl sie sich das neue Hotel direkt am See leisten könnten. Ich sage euch, mit den Beiden stimmt etwas nicht."
"Ja dann wirf sie doch aus der Pension." - bemerkte Wolle. "Nein bestimmt nicht, die haben das größte und teuerste Zimmer mit eigenem Bad gebucht. Und sie zahlen jeden Tag in Bar. Ansonsten sind sie tagsüber meist unterwegs." - entgegnete Dona Cremilde.
"Und nachts sind sie auch oft auf Tour, und kommen erst im Morgengrauen wieder." - bemerkte Carlos. "Ja dann schlafen sie bis zum Nachmittag und haben ein Bitte nicht Stören Schild an der Tür" - sagte Cremilde.
"Und wer sind die Zwei und was vollen sie ausgerechnet hier bei uns? In welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Ist es rein freundschaftlich, oder eher geschäftlich, oder führen sie gar eine intime Beziehung?" -fragte Wolle. "Seit wann, kannst Du Dich so gewählt ausdrücken?" - spöttelte Carlos. "Ich habe keine Ahnung, aber ich vermute eine Mischung aus allem, und auch letzteres. Oder warum haben sie keine getrennten Zimmer genommen?" - bemerkte Kremilde