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Staatlicher Gesundheitsdienst SNS - ungewisse Zukunft

EDEHAC

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Teilnehmer
Stammgast
Bin vor über 30 Jahren aus BeeRDigen nach Portugal emigriert (mit sehr wenig Geld in der Tasche) ua im festen Vertrauen auf einen Markstein der Revolution von 1974, die staatliche Gesundheitsfürsoge füe alle. Habe aus diesem Grund auch von Anfang an meine Einkünfte via IRS deklariert und auch alle anderen Steuern "brav" bezahlt (unter oft höhnischen/"mitleidischen" Blicken anderer Deutsche >wie kann man nur so blöd sein<) die schon jahrelang fest in Portugal lebten aber Arbeitslosengeld/Sozialhilfe, Kindergeld etc weiterhin ilegal aus der BRD kassierten.
Muß nun leider zu meinem Entsetzen feststellen das der SNS "immer mehr den Bach runtergeht", zum Nachteil der Bürger und zum Vorteil der profitgierigen privaten Medizinversorgung. Ich und meine Frau sind immer mehr gezwungen unsere bescheidenen Alterersparnisse für Privatbehandlungen auszugeben um unsere körperliche Mobilität zu erhalten bzw wieder herzustellen.
Am meisten entsetzt mich in diesem Zusammehang die Lethargie der portugisischen Mitbürger.
Wie kommt ihr damit klar? Übrigens, die dafür verantwortlichen Poltiker sind alle auf Steuerkosten privatmedizinisch abgesichert!?
(bitte keine "klugen" Hinweise auf Privatversicherungen und wie toll die sind - bin schon "groß" (82) und habe mich mit dem Thema und deren "PFerdefüße" ausgiebig beschäftigt)
Wünsche schönen Jahresausklang und alle Gute für 2025!
 
Meiner Ansicht nach liegt der "Fehler" im System der rein staatlich finanzierten Gesundheitssysteme. Nicht nur in PT, z.B. auch in Großbritannien. Das System geht davon aus, dass ausschließlich der Staat und die Einzelpersonen die Kostenlast über Steuergelder zu tragen haben, anders als z.B. in Deutschland, wo auch die Arbeitgeber einen nicht geringen Teil beitragen müssen.
Diese Tatsache kombiniert mit der in Portugal sehr verbreiteten Art der Steuervermeidung führt zu einem immer schlechter ausgestatteten Gesundheitssystem. Das dann wieder zu erhöhter Steuerbelastung. Diese dann zu immer mehr Anreiz zur Steuervermeidung/-unterschlagung.
In meinem Freundes- und Bekanntenkreis erlebe ich immer wieder, dass rafiniert Steuern vermieden/hinterzogen werden und sich die Menschen oft gar nicht drüber im klaren sind, dass dadurch Gelder fehlen, die dringend benötigt werden. Eine Begründung ist oftmals auch, dass sich irgendwelche Bonzen die Taschen füllen.
Ich denke, eine Verbesserung ist nur dadurch zu erreichen, gegen Steuersünder vorzugehen und gleichzeitig die Korruption mit allen Mitteln zu bekämpfen und zwar beides sehr öffentlich und sehr hart.
Die oft verbreitete portugiesische Mentalität von "Was ich zu Hause, mit meiner Familie, mit meinem Geld und meinen Tieren mache hat niemanden zu interessieren!" ist natürlich auch nicht wirklich hilfreich in diesem Problemkosmos.
 
In England scheint das ja noch besser zu funktionieren, da Nachbarn von uns aus diesem Grund wieder zurück nach England gehen. Nach den Erfahrung meines Mannes und mir mit der privaten Versorgung ist das auch in erster Linie teuer und qualitativ schlecht. Mir hat eine "plastische" Chirurgin ein Basaliom entfernt, das sieht nur sch***e aus. Wenn sie es ohne Hauttransplantation einfach genäht hätte, wäre das vermutlich die bessere Lösung gewesen. Mein Mann hat Probleme mit seinem Rücken und wo sein deutscher Arzt in die Wirbel spritzt, ernet er hier nur ein Schulterzucken vom Orthopäden im CUF, da kann man nichts machen. Dafür bekommt man dann an anderer Stelle Medikamente, die auf der gelben Liste stehen. Bei keinem Medikament werden Vorerkrankungen oder Allergien abgeklärt. Die Versicherungen sind eigentlich auch ein Witz, dann alle sind nach oben gedeckelt. Ich brauche keine Absicherung von unten, sondern nach oben. Ein paar hundert Euro kann man ja noch selber zahlen. Jedenfalls ist es in P eindeutig besser, wenn einem nichts fehlt. :(
 
Das wird so weiter gehen, aber nicht nur in Portugal, sondern in vielen Ländern. Wer in der Vergangenheit Steuern bezahlte, hat damit die Gesundheitsleistungen der Vergangenheit bezahlt. Das Geld wurde also bereits ausgegeben. Daraus leitet sich bei einem umlagefinanzierten System keine garantierte Leistung in der Gegenwart ab, falls sich das Gleichgewicht von Einzahlungen zu Ausgaben ändert. Ist bei umlagefinanzierten Renten ebenso. Man kann jetzt sehr emotional werden und mit dem Finger auf viele zeigen, aber rational ist das nicht. Die Probleme sind seit Jahrzehnten bekannt und wann die Demographie voll zuschlägt, auch. Was aktuell passiert, ist also nicht überraschend. Schon so lange ist die einzig rationale Handlung, sich selbst um sein Wohlergehen zu kümmern. Das ist nicht lethargisch, sondern konstruktiv.

Die Gründe liegen in der Ideologie der Kultur, die Antworten per Glaubenssatz liefert, ohne sich um die Fakten zu kümmern. 1957 wurde in Deutschland die umlagefinanzierte Rente eingeführt. Die demografischen Daten waren damals bereits bekannt. Die Demographie und ihre Folgen waren in Deutschland lange Schulstoff. Jetzt ist halt der Zeitpunkt da, den man schon lange kennt.

Was ich vom englischen Gesundheitsdienst NHS höre, klingt eher schlechter als Deutschland und Portugal.
 
Hallo @EDEHAC ,
Wie du sicherlich weißt wohnen wir im Kreis Mértola und somit in einer ähnlichen Situation wie du in Ourique. Ich habe es schon längst aufgegeben nach Mértola ins CentrO de Saúde zu fahren. Wenn wir etwas haben fahren wir nach Castro Verde in das CdS. Für dich ist das CdS dort eigentlich noch bedeutend näher als für uns.
Wir haben dort noch nie eine schlechte Erfahrung gemacht, die Wartezeiten sind kurz vor allem für ältere Leute. Die Ärzte sind OK meist Spanier, Kubaner oder Brasilianer. Krankenschwester und -Pfleger sind nett und sehr hilfsbereit. Falls weitere Untersuchungen notwendig sind, die nicht in Castro Verde gemacht werden können wird man mit der Ambulanz zum nächstgelegenen Krankenhaus gebracht, das auf das Problem spezialisiert ist, meist Beja oder Évora. Privatärzte nehmen wir eigentlich selten in Anspruch.
Ein großes Problem gibt es bei uns in der Baixo Alentejo, EDEHAC und zwar hat die Anzahl der neuen Residenten in unserer Umgebung gewaltig zugenommen, denn Immobilien sind im Vergleich zu Algarve immer noch günstiger. Diese Zunahme gilt für alle Gemeinde wie Odemira, Almodôvar, Castro Verde, Mértola und Beja. Dazu noch Flüchtlinge aus Afrika, Pakistan, Bangladesch und Ost-Timor. Die Centros de Saude waren nicht darauf vorbereitet. Ein weiteres Problem, nicht nur hier, ist die Anzahl der Ärzte, die in Rente gegangen sind. Ein Ersatz gab es nicht, worauf man dann auf weiteren kubanischen zurückgegriffen hat.
Johan
 
dass ausschließlich der Staat und die Einzelpersonen die Kostenlast über Steuergelder zu tragen haben, anders als z.B. in Deutschland, wo auch die Arbeitgeber einen nicht geringen Teil beitragen müssen.
Der Anteil der Arbeitgeber an der Sozialversicherung ist in Portugal sogar höher als der der Arbeitnehmer. Ich habe gerade die genauen Anteile nicht parat, aber es ist erheblich, was die Arbeitgeber tragen.
 
Der Anteil der Arbeitgeber an der Sozialversicherung ist in Portugal sogar höher als der der Arbeitnehmer. Ich habe gerade die genauen Anteile nicht parat, aber es ist erheblich, was die Arbeitgeber tragen.
Normaler Angestellter: Abgabe 20,3 %, AN-Anteil 9,3 %
Für einen Geschäftsführer o.ä. sind die Abgaben höher, Abgabe 23,75 %, AN-Anteil 11 %.
 
Ups, muss mich ergänzen:
  • Selbständiger (ohne Lda. oder ähnliches) 21,4 %
  • Selbständiger Gesellschafter 25,2 %
Zu Beachten ist, dass bei Selbständigen nicht die 100 % Einkünfte als Berechnungsbasis gelten, je nach Art der Einnahmequelle variiert es.

Unter folgendem Link bekommt man eine Tabelle ... viel Zeugs ;-)

Quelle:
.
 
Soweit mir bekannt haben die Abgaben an die SEGURAnCA SOCIAL nichts mit der Finanzierung des SNS zu tun sondern haben nur Auswirkungen auf die Rente. Der staatlichr Gesundheitsdienst SNS wird aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert.
Portugal sollte auch mal auhören seinen staatlichen Krankenhäuser immer die Namen von katholischen Heiligen zu verpaassen - diese Tradition aus der Zeit des katholischen Faschismus, gefördert von der damaligen Diktatur vor 1974, ist beschämend für eine Demokratie - auch helfen die Heiligen nicht weiter wenn man krank ist oder eine Frühgeburts sich ankündigt und der nächste Notdienst in 300-400k Entfernung dienstbereit ist!
 
Ich verstehe es wie @EDEHAC - die Seguranca Social deckt nur Rente und Arbeitslosigkeit ab, nicht auch die Kosten des SNS. Dieser wird nahezu ausschließlich über allgemeine Steuern aus dem Staatshaushalt finanziert. Hier eine gute Zusammenfassung aus der deutschen Wiki:

"Der SNS finanziert sich aus dem Budget, das der jährliche der dem Gesundheitswesen zuweist. Neben der Zuweisung aus Steuermitteln setzt sich dieses Budget in geringerem Ausmaße auch noch aus anderen Einnahmen zusammen, etwa aus der taxa moderadora, einer laut Verfassung zulässigen der SNS-Nutzer in Form von oder geringen Eigenbeteiligungen an einigen Operationskosten u. ä."
 
"... Portugal sollte auch mal auhören (sic!) seinen staatlichen Krankenhäuser immer die Namen von katholischen Heiligen zu verpaassen (sic!) ..."

Wer sind wir, als Gäste, dass wir meinen, unserem Gastland Portugal vorschreiben zu dürfen, wie es seine öffentlichen Einrichtungen benennt? Im übrigen gibt es durchaus auch katholische Gesundheitseinrichtungen, z.B. das , bei denen eine Namensgebung nach katholischen Heiligen noch mehr gerechtfertigt ist!

zu Beitrag # 1: Heutiges Alter 82 Jahre und vor "über 30 Jahren aus BeeRDigen nach Portugal emigriert", also im Alter von ca. 52 Jahren und kurz nach der Wende. "BeeRDigen" war einmal ein politisches Schlagwort, ich meine insbesondere der Springer-Presse, für BRD als inoffizielle Abkürzung für Bundesrepublik Deutschland. Wenn man Kurzformen bevorzugt, würde BRD ausschließlich auf die "alten" Bundesländer verweisen, denn die amtliche Kurzform nach der Wiedervereinigung lautet Deutschland und nicht "BeeRDigen".

Nach Auswertungen der OECD für das Jahr 2022 geben die Deutschen für private Gesundheitsmaßnahmen jährlich € 751, die Portugiesen jedoch € 968 aus. Offensichtlich haben sich die Portugiesen also damit arrangiert, nicht unerhebliche Teile ihrer Einkünfte für Privatbehandlungen auszugeben. Dass die Inanspruchnahme privater Einrichtungen nicht zwangsläufig ist, hat @Sir Iocra in seinem Beitrag # 5 dargelegt. So schlecht kann das Gesundheitswesen in Portugal insgesamt nicht sein: Immerhin beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung auf Basis der OECD-Zahlen für 2022 in Portugal 81,7 Jahre, gegenüber dem OECD-Schnitt von ebenfalls 81,7 Jahren. In Deutschland, wo die Gesundheitsausgaben um 96% höher sind als in Portugal, beträgt die Lebenserwartung hingegen nur 80,7 Jahre.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
In Deutschland, wo die Gesundheitsausgaben um 96% höher sind als in Portugal, beträgt die Lebenserwartung hingegen nur 80,7 Jahre.
Nun muss man natürlich einräumen, dass es für die durchschnittliche Lebenserwartung in einem Land viele andere Faktoren gibt, als die Ausgaben für das Gesundheitssystem. Gesundheitssysteme international zu vergleichen, ist sehr komplex, hier zB ist ein solcher Vergleich zu finden:

Und hier wird das Thema etwas näher beleuchtet:
 
Nun muss man natürlich einräumen, dass es für die durchschnittliche Lebenserwartung in einem Land viele andere Faktoren gibt, als die Ausgaben für das Gesundheitssystem. Gesundheitssysteme international zu vergleichen, ist sehr komplex, ...
Schon klar, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von vielen Faktoren abhängt. Trotzdem wird sie in vielen Systemvergleichen und der Presse als griffiger Output-Wert zur Orientierung verwendet. Die FAZ vom 06.12.2024, S. 18 schreibt beispielsweise unter der Überschrift "Die Kassenfinanzen brauchen eine große OP - Deutschlands Gesundheitswesen ist teuer und trotzdem nur durchschnittlich. Kommt jetzt die Praxisgebühr zurück?": "Ein längeres Leben bescheren uns die hohen Ausgaben und die vielen Beschäftigten nicht. 2023 lag zum ersten Mal die Lebenserwartung eines hiesigen Neugeborenen mit 81,2 Jahren unterhalb des EU-Durchschnitts. Spitzenreiter sind die Spanier mit einem Abstand auf die Deutschen von fast drei Jahren - obwohl sie pro Kopf nur etwas mehr als halb so viel für die Gesundheit ausgeben."
 
Zuletzt bearbeitet:
Klar, ohne da jetzt zu tief einsteigen zu wollen liegt Deutschland aber etwa beim Alkoholkonsum, ein kritischer Faktor, in Bezug auf die Lebenserwartung, international eher weit vorne. Ich würde es gerne dabei belassen, dass die reine Lebenserwartung für einen fundierten Vergleich der Gesundheitssysteme nur ein Kriterium darstellt. Dass die Presse es ebenfalls gerne auch mal darauf reduziert, ist für mich nicht unbedingt ein Beweis ...
 
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