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Wie wird der Erfolg der Drogenpolitik gemessen?

yulie

Amador
Teilnehmer
Stammgast
Hallo,
vielleicht kennt sich hier jemand damit aus. Man liest ja immer, das Portugal eine sehr erfolgreiche Drogenpolitik betreibt, wobei viele ja denken, Drogen seien in Portugal legal. Wie ich jetzt gelesen habe, gibt es aber eigentlich nur Toleranzmengen und wer diese überschreitet und damit erwischt wird muss Hilfsangebote annehmen.
Was passiert mit den Leuten, die diese Hilfsangebote verweigern?
Ich meine, so etwas wie Therapie statt Knast und andere Hilfsangebote gibt es auch in Deutschland und es gibt Abhängige, die nicht in der Lage sind solche Angebote anzunehmen.

Wird der Erfolg der Drogenpolitik am Zustand in Portugal vorher bemessen oder im internationalen Vergleich? Und an welchen Faktoren: Lebenserwartung, Beschaffungskriminalität usw..?

Was bedeutet diese Politik für den Kauf von Drogen?

Mich interessieren diese Fragen auf Grund einer Diskussion mit meinem Teenie-Sohn und weil ich in der Verwandtschaft eine drogenabhängige Person habe. Diese Person erhält viele Hilfsangebote, hat hier aber eine sehr hohe Anspruchshaltung und das Helfersystem ist immer zu blöd. Auch dieser Mensch meinte mal, in Portugal würde es ihm richtig gut gehen..

Viele Grüße, yulie
 
Hallo Yulie,
Sicherlich bin ich kein Spezialist der portugiesischen Drogenpolitik. Dieses Thema interessiert mich jedoch sehr und ich habe mich in Laufen der Jahre ein Bild machen können.

Die Drogenpolitik ist weiterhin in der Entwicklung und noch nicht abgeschlossen. Portugal lernt immer noch aus den Erfahrungen und versucht dort Verbesserungen anzubringen wo erforderlich und man es sich natürlich finanziell leisten kann.

Was hat man gemacht:
In 2001 hat man notwendigerweise Massnahmen treffen müssen um den immer weiter steigenden Konsum von Drogen zumindest zu stoppen und eventuell zu reduzieren. In 1999 gab es bereits 104 neu infizierten HIV-Patienten pro Million Einwohner (=dh. ca.1040).
Man beschloss den Drogenkonsum zu entkriminalisieren. Strafbar blieb der Kauf, Konsum und Besitz weiterhin.
Die Urteile der Gerichte beinhalteten aber nicht mehr Gefängnisstrafe o.ä. sondern die Beschuldigten wurden an die CDT verwiesen um ein Hilfsprogramm in Zusammenarbeit mit den Verurteilten auszuarbeiten.
CDT= Kommission zur Abschreckung der Drogenabhängigkeit. Die Polizei kann auch Personen in bestimmten Fällen direkt zur CDT schicken. Büros der CDT befinden sich in allen Distrikthauptstädten.
Die Kommission besteht aus mehreren Personen, die von ihrer Ausbildung her für eine Beratung geeignet sind.
Das CDT stellt die Schwere der Abhängigkeit fest und arbeitet, wie bereits geschrieben, ein Hilfsprogramm aus an dem der Verurteilte sich zu halten hat. Das Hilfs-/Begleitprogramm wird laufend überprüft. Ein Ausscheren ist m.E. nicht möglich.
Seit 2001 wird die Abhängigkeit auch als eine Krankheit betrachtet und somit in das nationale Gesundheitssystem aufgenommen.
Zwischen 1999 und 2015 ging laut einem Zeitungsbericht die Anzahl der durch Ansteckung (Spritzen) infizierten HIV-Patienten von etwa 1040 auf 42 zurück. Auch die Prozentzahl der wegen Drogen verurteilten Gefängnisinsassenen ging von 75% auf 45% zurück.
Um diese Zahlen zu erreichen waren natürlich auch begleitende Massnahmen notwendig wie zB das zur Verfügung stellen von Spritzen, Metadon, sog. Narco-Salas (Räume die Drogenabhängige nützen können) etc.
Die portugiesische Drogenpolitik war im Prinzip recht erfolgreich, was auch dadurch bewiesen wird, dass andere Länder diese Politik ganz oder teilweise übernehmen.
Johan

PS Sicherlich gibt es Forumsteilnehmer, die meinen Beitrag ergänzen können.

PS2 Ach ja. Viele Grüsse an den drogenabhängigen Verwandten. Es wird ihm sicher besser gehen in Portugal, da man hier alles unternehmen wird um ihn soweit wie möglich von den Drogen ab zu bringen. Sich für das Hilfsprogramm zu drücken ist, einmal dazu verurteilt, kaum möglich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Thema zur Zeit ja auch in D mehr im Gespräch, also wenn schon die (ehemaligen) höchsten deutschen Kriminalbeamten die portugiesische Drogenpolitik loben...

"Deswegen werbe ich schon seit vielen Jahren genau für den Blick nach Portugal, finde es außerordentlich gut, dass Sie das in dem Beitrag noch mal zum Ausdruck gebracht haben. Im Prinzip gibt’s kaum mehr Erklärungsbedarf, Ihr Beitrag hat alle Argumente auf den Tisch gebracht, die wir uns auch in Deutschland zu eigen machen sollten..

Deswegen ist der Blick nach Portugal genau der richtige, und der Zeitpunkt, an dem wir darüber diskutieren, ist exzellent.." etc.

Diskussion um Cannabis-Legalisierung - Fiedler (SPD): Aufklärung statt Strafverfolgung für Cannabis-Konsumenten
 
Vielleicht hätte mein letzter Link eher hierhin gepasst, immer diese vielen Threads im Forum :)

Drogenpolitik in Portugal: liberalisierte Drogen

Hier nur noch kurz als Hinweis für @Sir Iocra (Beitrag siehe oben), weil genau zum Thema nur eben nicht über Portugal, sondern NL, dass die Titelgeschichte des aktuellen SPIEGEL "Käse, Koks und Killer. Wie Holland durch laxe Drogenpolitik zum Mafiaparadies wurde" (Titelbild eine in die heutige Zeit geratene Frau Antje), ich glaube, es gibt ja einen mehr oder weniger losen Zusammenhang zwischen dem Herrn und dem Land
 
Weil man bei einer Legalisierung oft die Kontrolle verliert, bin ich heutzutage immer noch gegen eine Legalisierung von Cannabis (in Deutschland). In Kanada ist der Fall eingetreten:

 
Weil man bei einer Legalisierung oft die Kontrolle verliert, bin ich heutzutage immer noch gegen eine Legalisierung von Cannabis (in Deutschland). In Kanada ist der Fall eingetreten:

Nach der Legalisierung hat man über viele Dinge mehr Kontrolle, weil man kontrollierte Vertriebswege hat und aus der Kriminalität raus kommt. Ein wesentlicher zumindest in dem Artikel nicht angesprochener Punkt ist, das bei Intoxikation mit illegalen Drogen oft keine medizinische Unterstützung gesucht wird aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen. Aber das wird nicht den kompletten Unterschied erklären.
Auf einen anderen Punkt weist der Artikel hin, 522 Notaufnahme-Einlieferungen wurden registriert, in drei Jahren. Für Alkoholintoxikation bei Jugendlichen liegen wir da in Deutschland im fünfstelligen Bereich pro Jahr, in seltenen Fällen auch mit tödlichem Ausgang.

In den deutschen Großstädten würde eine Legalisierung für Jugendliche die Situation im Prinzip nicht verändern, gerade im Umfeld von weiterführenden Schulen sind jegliche Drogen (nicht nur Cannabis) problemlos verfügbar.
 
Und was ist mit Vergiftungen durch Haushaltsreiniger und ähnliches bei Kindern?
Dürftige Argumentation.
Dann schon eher, wie ich es gestern gelesen habe, in USA hat sich ein Kind mit einer Waffe erschossen, als die Mutter gekifft hat.
Kann aber nur passieren, wenn man eine Waffe im Haus hat und wenn die Mutter zB. besoffen auf dem Sofa liegen würde, genauso.

Wie @Duisburger schreibt, überwiegen die entkriminalisierenden Effekte das negative bei weitem.
Der Strassenhandel bricht ein, Steuereinnahme gehen rauf und man kann mehr Inhalt und Vertriebswege kontrollieren.
Insgesamt gesehen fand ich den Umgang in Holland damit sehr entspannt.
Dort habe ich, da ich nicht rauche, mal eine Keks probiert.
Was soll ich sagen, ist wie bei Alkohol bei mir, die Wirkung beschränkt sich auf Müdigkeit.
Langweilig...was bei meiner Ex genau anders war.
Aber komplett andere Geschichte.
 
Und was ist mit Vergiftungen durch Haushaltsreiniger und ähnliches bei Kindern?
Dürftige Argumentation.
Ich habe eigentlich gar nicht argumentiert, sondern nur auf einen Umstand hingewiesen. Die Droge, die in unserer Gesellschaft die meisten Probleme für Kinder und Jugendliche erzeugt, ist halt Alkohol. Es ging mir da nur um eine Einordnung, das ist völlig unabhängig von der Legalisierung von Cannabis.
Dann schon eher, wie ich es gestern gelesen habe, in USA hat sich ein Kind mit einer Waffe erschossen, als die Mutter gekifft hat.
Kann aber nur passieren, wenn man eine Waffe im Haus hat und wenn die Mutter zB. besoffen auf dem Sofa liegen würde, genauso.
Das war in Louisiana, dort ist Cannabis nicht legalisiert worden, um bei dem Thema zu bleiben.

Wie @Duisburger schreibt, überwiegen die entkriminalisierenden Effekte das negative bei weitem.
Der Strassenhandel bricht ein, Steuereinnahme gehen rauf und man kann mehr Inhalt und Vertriebswege kontrollieren.

Das kann man sich ja jetzt mittlerweile in vielen Ländern ansehen und basierend auf den Erfahrungen entscheiden, welchen Weg man gehen will. Es spricht aus meiner Sicht viel für die Legalisierung.
 
Der Strassenhandel bricht ein, Steuereinnahme gehen rauf und man kann mehr Inhalt und Vertriebswege kontrollieren.
Insgesamt gesehen fand ich den Umgang in Holland damit sehr entspannt.

Das bei einer Freigabe von Cannabis in Deutschland der Straßenhandel dort einbricht und die Steuereinnahmen nur so sprudeln, halte ich für frommes Wunschdenken. In Holland hat das auch nicht so richtig geklappt, obwohl die dort an jeder Ecke halbwegs kontrollierte Coffeeshops haben, wo man sich gemütlich ungezwungen in entspannter Atmosphäre hinsetzen kann und bei guter Musik einen Kaffee trinken und ein oder zwei oder Tüten rauchen kann und kleine Mengen aus einem reichhaltigen Angebot an Cannabissorten für zuhause kaufen kann.
In Deutschland unmöglich sowas, solange solche Figuren wie dieser Fiedler da meinen,mitentscheiden zu müssen




Mal ein Zitat aus dem obigen Link


also da geh doch lieber zum Dealer meines Vertrauens, setz mich bei dem aufs Sofa vor die Glotze guck ein Video und teste gleich vor Ort dem sein Angebot in entspannter Atmosphäre.

LG
M
 
Also ich wurde in Holland nicht angesprochen auf der Strasse, Ey, brauchste was?
Hätte ja keinen Sinn gemacht, wenn ich 3m in den Laden gehen kann und da sogar konsumieren darf.
 
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