AW: Wetter in Portugal: war es im Winter schon immer so schlimm?
Hallo Kai,
auf Deine Frage kann ich nur mit einem entschiedenen "Ja, aber" antworten.
JA, dieses Jahr ist der Winter heftiger als sonst. Das sagen alle. Sowohl die Dauer als auch die Heftigkeit der Regenfälle ist ungewöhnlich. Ob es nun der schlimmste Winter seit 10 oder 15 Jahren ist, weiss ich nicht und spielt eigentlich keine große Rolle. Im Grunde ist hier seit November allertfeinstes deutsches Novemberwetter: Regen, Nebel, grauer Himmel, windig , nasskalt. Dazu noch die leidige Heizungsmisere, und in den meisten Cafes, Geschäften und Büros stehen dann noch Türen und Fenster ständig offen. Diese klamme Kälte kriecht einem bis in die Knochen, auch wenn es theoretisch gar nicht sooo eiskalt ist. Gefühlte Kälte heisst das ja neuerdings.
ABER all das ändert nichts daran, dass es auch in normalen Wintern heftige Regengüsse, zünftige Stürme, Erdrutsche, Überschwemmungen, Kälte, Nebel, Nachtfrost etc geben kann. Aber eben nicht ein Vierteljahr am Stück. Normalerweise regnet es mal kurz und heftig, dann hört es auf, der Asphalt dampft, die Sonne kommt wieder raus und die Vögel zwitschern schon wieder.
Man sollte nicht vergessen, dass die durchschnittlichen Regenmengen, aufs Jahr gesehen, in Portugal nicht geringer sind als in Deutschland. Die Verteilung über das Jahr ist eben eine andere. Und auch wenn es nicht regnet, ist Feuchtigkeit in Portugal immer ein Thema. Kein Haus ohne Feuchtigkeitsschäden, und wenn man nicht aufpasst, verschimmelt einem die Wäsche im Schrank. In Deutschland denken ja viele Leute, dass es in Portugal fast immer warm und trocken ist und dass der Winter so eine Art vorgezogener Frühling ist. Das ist nicht der Fall. Der Atlantik ist eben ein richtiges Meer und keine Badewanne. Die Folgen sind davon sind nunmal Wind, Feuchtigkeit und oft relativ aprupte Wetterwechsel. Ich bin Strandfanatiker und habe letztes Jahr im Februar die Badesaison eröffnet. Das war dieses Jahr undenkbar.
Ein anderes Phänomen ist dieses extrem kleinteilige lokale Mikroklima. Ich habe gestern mit Schrecken (z.B. in Euren Berichten) gesehen, wie ein paar Kilometer von hier entfernt, oder offenbar in fast ganz Portugal, dieser Sturm getobt hat, während es hier in Lissabon noch relativ moderat war. Andererseits hatte ich oft den Eindruck, dass es hier ständig regnet, während selbst in diesem miesen Winter anderswo in Portugal schon ab und zu mal die Sonne rauskam.
Ich bin früher oft mit dem Fahrrad von
Lagos nach
Portimão gefahren. Fast immer hat sich auf diesen paar Kilometern die Windrichtung zweimal gedreht, und die Temperaturunterschiede waren auch oft enorm.
Der letzte Winter hatte ein paar regenreiche Phasen, war aber nichts im Vergleich zu diesem. Ob das nun zu einem langfristigen Trend wird, wissen wir frühestens nach dem nächsten Winter.
Tückisch ist dabei stets die Erinnerung. In
Lagos ist es oft windig, aber ständig bekommt man erzählt, dass dieser Wind fast nie vorkäme und bestimmt auch nur ein paar Tage anhalten würde. Und auch in normalen Wintern ist der Regen immer an allem schuld.
Ich habe heute im Internet spaßeshalber mal die Tagesschau von vor 20 Jahren angeguckt. Erste Meldung: Unwetter mit Sturm und Überschwemmungen in Süd-, West- und Mitteleuropa.
In 10 Minuten beginnt der Monat März und es regnet nicht. Der Frühling ist da!
Hurra und gute Nacht,
Gerhard