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Unverhofft... in Lissabon

@Metamorphose Du hast ein sehr gutes fotografisches Auge um Einzelheiten richtig in Szene zu setzen. Leider muss ich nun diesen Ort auch in meiner Warteliste aufnehmen. ;)
 
@wpau

Es tut mir schrecklich leid ;), dass du nun "leider" Sintra auf der Liste zu besuchender Orte hast... Vor allem mit den extrem vielen dort zu bewundernder Ziele. Wo anfangen, wo enden?

Mit einem Partner, der höchstens mal ein Smartphone-Bild knipst, ist ein solcher Besuch eine anstrengende und komplizierte Angelegenheit, für beide Seiten. Zumal die Sache mit der "verunglückten" Taxifahrt begann und den ganzen Tag über wortreiches Thema meines Partners war. Ich trug die Verantwortung dafür und hatte mich gefälligst nicht mit steinernen Märchentieren und Fabelwesen zu trösten, die sich ihm nicht erschlossen!

Er hatte sich eher ein "richtiges Schloss" mit Blumenrabatten vorgestellt und keine dunkle "Grufti-Bude". Das bekam er dann noch. Und die ganze ohnehin traurige Angelegenheit drehte sich um. Disney-Land ließ grüßen und war so gar nicht meins... Aber wir kommen noch hin, zum "Palacio Nacional de Pena", dem absoluten Gegenstück der Quinta da Regaleira und von ganz anderen Besuchern bevölkert... Letztlich vielleicht ein interessanter Kontrast, aber nicht für mich in diesem Kontext, an jenem Tag...

Sonnige Grüße zu dir!






Unverhofft in Lissabon... Und in Sintra V.




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Erinnert an:
Ouroboros (griechisch Οὐροβόρος „Selbstverzehrer“, wörtlich „Schwanzverzehrender“; auch Uroboros; von griechisch ourá „Schwanz“ und bóros „verzehrend“) ist eine Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt und mit ihrem Körper dadurch einen Kreis bildet. Als Symbol ist diese bereits im alten Ägypten belegt.

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Was aus der Entfernung wie Fachwerk wirkte, stellt sich als raffinierter Kratzputz heraus.


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Meine Kamera kommt bei Innenaufnahmen an ihre Grenzen, das weiß ich,
möchte mir aber doch "greifbare" Erinnerungen schaffen.

Alles ist besser als nichts, vor allem in einem solch' ungewöhnlichen Haus...


 
Zuletzt bearbeitet:


Unverhofft in Lissabon... Und Sintra VI


Das Herrenhaus ist etwas mehr besucht, als der weitläufige Park, aber nicht überfüllt.Trotzdem wünsche ich mir mit noch weniger Menschen hier zu sein. Einfach, um diese ganz besondere Atmosphäre noch dichter an mich heran treten lassen zu können. Um ihn, Monteiro, und vielleicht auch seinen Bühnenbildner, Manini, besonders spüren zu können. Jedes Element, noch so kleine Detail war Absicht, Plan, Bruchstück der ganzen Inszenierung. Wie möchte ich ihnen folgen, in ihren Ideen! Geleitet von dem beseelten Gedanken, eine einzigartige Kulisse zu erschaffen. Für ein Bühnenstück, das an jedem Tag, in jeder Nacht ganz neu aufgeführt wurde. Verzaubert, verwunschen, sagenhaft.

Wie beneidenswert, wenn man (s)einen Traum leben darf. Mit Menschen, von denen man verstanden und geschätzt wird. Die zum "Inner Circle" dieses steingewordenen Geheimnisses gehören, ihre Rollen perfekt spielen, und zugleich Protagonisten und Regisseur täglich neu aufgeführter Spiele sind. Natürlich sind sie Menschen einer Gesellschaftsklasse, die sich dieses Handeln erlauben kann. Aber wurden Geld und Zeit nicht schon für viel Unsinnigeres und Unseligeres ausgegeben, wie aktuell gerade wieder?!

Wagen wir uns also weiter hinein, in jene Räume, die für Besucher geöffnet sind:

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Aus der Entfernung hielt ich diese Mosaike für Teppiche, bis ich sie aus der Nähe sah! Millionen und Abermillionen kleiner und kleinster Steinchen wurden, jedes einzeln, von Hand gesetzt!

An Unikaten ist dieser Palast (dieses Herrenhaus) nicht zu übertreffen, rein gar nichts wiederholt sich.

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Jedes Gesicht, jeder Türgriff, ist anders und hat ein Vorbild.

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Ist dies ein Abbild Monteiros?

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Sein Klavierzimmer (man beachte die Holzverkleidungen):

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Kandelaber:

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Schnitzereien:

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Und Durch(Aus-)blicke:

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Ich bin in ein Reich getreten, von dem ich vor gar nicht allzu langer Zeit nicht einmal wusste, dass es existiert.
Nun hat es mich längst gefangen genommen. Bindet mich, reißt mich mit sich fort in die Vergangenheit.
Auf Geheimnisse werde ich stoßen. Rätsel. Vermag ich sie zu lösen?
Nie war ich hier und verstehe doch. Was ist. Und was war. Pforten öffnen sich.


"Er wurde aufgezehrt von Schatten, die in seiner Erinnerung wohnten."
aus: "Marina"
Carlos Ruiz Zafon


 


Unverhofft in Lissabon... Und nun in Sintra VII



Die Nacht beginnt. Meine Zeit. Jene, in der ich mich auf mich selbst besinnen kann.
Der Große schläft längst in seinem Schlafzimmer. Auf mich wartet eine winzige Dachstube.
Mit einem Bett, einem klitzekleinen Tisch mit Lampe und vielen meiner Bücher.
Die anderen stehen daheim. Zu Hause. In Emden. Ob sie nach mir rufen, oder stumm warten?

Wer tut es noch? Mein Haus ist alt. Sehr alt. 1565 erbaut. Von Niederländern. Religionsflüchtlingen.
Die Emder gaben ihnen Land zur Bebauung. Vor den Stadttoren. Es waren ja Fremde...
Reich war die Stadt damals, Mitglied der Hanse. Schiffe waren gefragt, Kolonien brachten das Geld.
Beides kam mit den Niederländern. Und ging später mit ihnen.

Jahrhunderte vergingen. Kriege wechselten mit Friedenszeiten. die Eigentümer wechselten.
Und eines Tages kam ich. Nach 113 vergeblichen Besichtigern. Betrat, und liebte das Haus sofort.
Jedes Fenster habe ich von eigener Hand erneuert, jede Tür, jede Fliese, jede Diele. Alles.
Aus Verfall wurde gelebte Liebe. Mit mir atmete das Haus auf. Das Leben kehrte zurück.

Manchmal sehe ich ihn. Immer nur nachts. Er trägt die Kleidung längst vergangener Zeiten.
Spricht friesisch, mit niederländischem Akzent. Und fragt nach dem Schiff, ob es schon einlief.
Er steht dann ganz oben im Haus, unter dem Dach, wo früher die Waren lagerten. Seine wohl.
Und von wo aus man zum Wasser hinüber schauen konnte, zum Hafen, mit den Hansekoggen.

Furcht habe ich vor ihm nicht. Irgendwie könnte er mein Bruder sein. Oder Vater.
Eines Tages habe ich im Archiv der Stadt vorgesprochen, nach dem Haus gefragt.
Wir blätterten in vielen Schriften. Und da war er: Johann. "Partikulier."
Was das sei, fragte ich. Ein Schiffsanteilseigner, der Gefahr eines Gesamtverlustes wegen...


..........................



Nun stehe ich in der Quinta da Regaleira. Fühle mich zurückversetzt um hundert Jahre.
Bewundere die Kunstfertigkeit der Erschaffer. Phantasie, Mut und Geduld.
Hier könnte ich leben. Würde mich wohlfühlen in Räumen, die die Vergangenheit atmen.
Mir von den Menschen zuflüstern, die mit viel Geschick an diesem Ort ihre Träume verwirklichten.


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Das damalige Billardzimmer (wird restauriert):

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Antonio Monteiro (mittig) mit Victorio Pareto u. Vincente Monteiro:

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Antonio Monteiro in jungen Jahren:

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Und in seinen reiferen:

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Blick hinaus in den Park, der Rundgang durch's Erdgeschoss ist beendet:

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Fünf (was auch sonst?!) Geschosse sind es insgesamt, an vieren wird noch restauriert.
Blick zurück aus dem wundersamen Garten:

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Und ein wenig darüber hinaus, in die Berge von Sintra:

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Wer nun denkt, das sei es gewesen, wird erstaunt sein, was man alles erschaffen kann.

An unterirdischen Geheimgängen, Labyrinthen und umgedrehten Türmen im Boden...


........................................


Jahrelang bin ich geflohen, ohne zu wissen wovor.
Ich dachte, wenn ich weiterliefe, als der Horizont,
würden die Schatten der Vergangenheit von meinem Weg verschwinden.
Ich dachte, mit genügend Abstand würden die Stimmen in meinem Geist für immer verstummen.


Carlos Ruiz Zafón


 
Tatsächlich wundersam. Auch die Fotos können dies schon gut vermitteln.
Mir gefällt übrigens sehr das mit dem Lichtschalter!
 

Unverhofft in Lissabon... Und nun in Sintra


Die komplizierteste Uhr der Welt



In der Quinta da Regaleira hatte ich sie vermisst. Die Leroy 01. Einzigartig in jeder Hinsicht.
Durch das Foto vom Bild der drei Freunde (unten ist die Uhr abgebildet) erinnerte ich mich wieder.
Und habe heute mal intensiv geschaut, was sich zum Thema im Internet finden lässt.
Auf französischen und englischsprachigen Seiten steht mehr. Nun denn...
Ich schreibe alles heraus, vergleiche, korrigiere, fasse zusammen, ergänze.

Nun weiß ich also mehr:

Die Leroy 01 ( 01 für die erste Uhr einer speziellen Nummerierung), ist eine der prestigeträchtigsten, außergewöhnlichen, astronomischen Uhren der Welt. Eine Taschenuhr, einzigartiges Meisterwerk der Luxus-Uhrmacherei und Goldschmiedekunst, legendäres Modell und Wahrzeichen von L. Leroy de Paris.

"Die komplizierteste Uhr der Welt" galt und gilt als weltweite Referenz in Sachen "ultrakomplizierter, französischer Uhrmacherkunst", und errang dafür den besonderen Hauptpreis der Jury auf der Weltausstellung 1900 in Paris.

Es handelt sich um eine mechanisch-astronomische Uhr aus 975 einzelnen Teilen und mit 26 verschiedenen Funktionen.

Dieses einzigartige, außergewöhnliche, personalisierte Modell wurde 1897 von António Augusto Carvalho Monteiro (1848-1920), einem extrem wohlhabenden, portugiesischen Erben eines brasilianischen Kaffeeimperiums (neben anderen Gebäuden Besitzer des Regaleira-Palastes in Sintra ), beim renommierten Uhrmachermeister Louis Leroy in Auftrag gegeben. Als begeisterter Amateur-Sammler dieser Art von Uhren bat er ihn, eine Uhr zu erschaffen, die "alles das zusammenbringt, was Wissenschaft und Mechanik im kleinen Volumen einer Taschenuhr überhaupt zu erreichen vermögen".

Sie wurde in den L. Leroy- Werkstätten in Besançon, der historischen Hauptstadt der französischen Uhrmacherkunst, in siebenjähriger fachmännischer Arbeit (1897-1904) entworfen, entwickelt und zu einer mechanischen, astronomischen Uhr zusammengesetzt, mit einem Doppelzifferblatt ( einem auf jeder Seite), 71 mm Durchmesser, dem Gewicht von 228 Gramm, aus ziseliertem 18 Karat Gold und einem kronenförmigen Aufzugsmechanismus, mit Edelsteinen besetzt .

Sie weist eine Rekordzahl von Funktionen auf, die von 975 Einzelteilen ermöglicht werden und auf 4 Ebenen von Mechanismen montiert sind.

Angezeigt werden:

Stunden - Minuten - Sekunden ,

sowie eine Rekordzahl von 26 anderen Funktionen, als jene der Zeitanzeige,

inklusive ewigem Kalender für: Tage, Monate, Jahre, dem Schaltjahr, der Mondphase,

Anzeige der Jahreszeiten, Sonnenwende, Tagundnachtgleiche, Zeitgleichung,

Chronograph (mit Rückstellung auf Null),

Gangreserve, kleinem und großem Schlagwerk,

einem Glockenspiel mit 3 Tönen, die Stunden, Viertelstunden und Minuten anzeigen,

3 Himmelskarten von Paris, Lissabon und Rio de Janeiro,

der Zustand des Himmels auf der Nordhalbkugel und Südhalbkugel,

sämtliche Tierkreiszeichen,

die Zeiten für 125 Städte auf der ganzen Welt,

Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangszeiten für Lissabon,

Thermometer, Hygrometer, Barometer, Höhenmesser, Kompass.​


Die Uhr wurde 1953 von der Erbenfamilie für 2 Millionen Franken zum Verkauf angeboten, 1957 erworben und in die Sammlung des "Museums für: Schöne Künste und Archäologie " von Besançon aufgenommen (über ein nationales Komitee , das von der Kuratorin des Museums Lucie Cornillot initiiert wurde, woraufhin die Uhr mit ihrem Vornamen auf "Lucie 01" umbenannt wurde) .

Seitdem ist sie zusammen mit der Sammlung historischer Zeitmesser des Musée du Temps in Besançon zu sehen.


Von 1900 bis 1989 galt sie als: "Die komplizierteste Uhr der Welt, für fast ein Jahrhundert".



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Ein wahres Meisterwerk. Und Wunder seiner Zeit.
Ich hätte diese außergewöhnliche Taschenuhr zu gern gesehen!




[mehrsprachige Texte und Foto (von Wiki) entnommen, übersetzt und bearbeitet]​





 


Unverhofft in Lissbon... Und nun in Sintra VIII


Immer wieder schaue ich noch zum Herrenhaus zurück. Es scheint mir, als müsse ich etwas loslassen, mit dem ich mich noch verbunden fühle. Dessen Geheimnis ich gerade erst zu entdecken begonnen hatte, bis sich keine weitere Tür mehr öffnete. Ach, hätte ich es doch tun können. Hindurchschlüpfen, mehr Geist als Mensch und durch die Gänge streifen, aus Fenstern hinaus und in Räume hinein, die zum Zeitpunkt meines Besuches noch ihrer Restaurierung entgegen sahen.

Wären sie nicht weitaus interessanter gewesen, als all' das Geschminkte, Aufgehübschte der bisher vorzeigbaren Räumlichkeiten? "Lost Places" im besten Sinne. Mit dem Staub von Jahrzehnten. Unberührt. Unverändert. Nicht in die Öffentlichkeit gezerrt, den gierigen Augen der Besucher ausgesetzt. Ihrer Suche nach Höhepunkten, Besonderheiten, des nie vorher gesehenem. Fotografierten. Im hellen Licht präsentierten.

Wollen wir nicht alle manchmal die Ersten sein? Jene, ganz vorn, die keinem folgen müssen? Hier, an diesem Ort, den zu sehen ich mir so stark gewünscht habe, muss ich nun gerade das erkennen. Wie schwierig etwas zu zweit sein kann. Wenn beide so verschieden sind. Ich möchte hinlaufen und es ihm sagen. Dass ich nun weiß, wo manche unserer Probleme liegen. Dass wir uns darüber austauschen sollten, um es ändern zu könnern.

Aber das ist nicht möglich. Das "Märchen vom Hasen und vom Igel" kommt mir unwillkürlich in den Sinn. Wie der tapfere Hase sich beim Wettlauf ehrlich abmüht und kämpft. Während ihn der Igel hämisch (oder klug?) mit Hilfe seiner Frau hereinlegt. "Ich bin schon da", ruft es stets, so sehr der Hase auch rennt.
Der Satz wird mir zum geflügelten Wort werden. Exakt an diesem Tag und jenem Ort erkenne ich es zum ersten Mal und wird mir über all' die folgenden Jahre bleiben. Wohin ich in Lissabon auch gehe, was immer ich auch fotografieren möchte (es sei denn ein Grafitti-Detail direkt vor meiner Nase an der Wand) höre ich lautlos die Worte: "Ich bin schon da!" Und habe die Wahl zwischen "no photo", oder "photo with Peter".

Aus der selbstbewussten Single-Frau ist ein Anhängsel geworden. Das alles abkären, regeln und erläutern soll. Buchen, telefonieren, im Internet forschen, planen, Tickets bestellen, Flüge erkunden, Zubehör kaufen, Bücher, Pläne und was man sonst noch braucht. Stundenpläne erstellt, Abfahrt dort, um, mit Umstieg um, an, weil und überhaupt. Ist man glücklich (mehr oder weniger) am Ort der Begierde angelangt, ist man zum abgekämpften, ausgemergelten Hasen geworden. Man läuft hinterher, mit hängender Zunge.

In eben jenem Moment zwischen Palacio und Capela Santissima Trindade fällt es mir zum allersten Mal (fortan also unleugbar) auf. Ich möchte gern in der natürlichen Reihenfolge fotografieren, um daheim den Weg genau so gedanklich noch einmal gehen zu können. Ist das nicht auch die Regel? Bin ich denn mit diesem Wunsch so anders? Ich möchte nicht immerzu rückwärts schauen, fotografieren, wenn ich am Objekt quasi schon vorbeigegangen bin.

Nun wäre die Kapelle das nächste Ziel, bietet sich an, da man sie vom Herrenhaus schon gut sehen kann. "Ich bin schon da!" Der Große ist mit langen Schritten voraus geeilt und steht vor der Pforte. Drinnen ist es nicht anders. Wo irgendetwas interessant ist, da steht er. Guckt dahinter, betastet Stoff oder Bild, bringt alberne Sprüche. Eine Frau kommt herein und schaut iriitiert. Es ist wohl besser wir gehen wieder. Dass die Kapelle auch mehrere Etagen bietet und man von der Krypta aus sogar einen unterirdischen Geheimgang betreten kann, entdecke ich dadurch nicht mehr, erlese es mir erst viel später.

Hoffe auf Weggabelungen, Abzweigungen. Und darauf, dass "der Igelmann" falsch abbiegen möge. An wenigen Stellen gelingt das auch, an anderen nicht. Diese Fotos können dann eben nicht entstehen, oder auf speziellen Wunsch mit einem albern kaspernden, Grimassen schneidendem Mann darauf. Vielleicht war entgangenes auch gar nicht wichtig? Sollte es eben nicht sein? Warum sind mir dann bis heute gerade die nicht "geschossenen" Bilder so sehr präsent? Habe ich das gar nicht Geschehene so sehr verinnerlicht? Eines der ewig ungelösten Rätsel des Lebens...


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Kapelle mit Haupteingang

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Detail des Ibis-Brunnens

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Ibis-Brunnenanlage

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Kapelle mit Eingang

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Eingangs-Portal

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Detail der Front

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Altarbereich (Jesus krönt Maria)

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Das "Auge Gottes"
"Von der Krypta aus gelangt man über eine Wendeltreppe und einen Geheimgang bis in die Tiefen des Intitiationsbrunnens. Und wiederum von dort aus über eine schwach beleuchtete Höhle zu einem Wasserfall und unterirdischen See, den man nur über Trittsteine verlassen kann", so lese ich später. Auch, dass die Santissima Trindade über mehrere Etagen verfügt. Nicht gesehen, da ich wieder einmal hinterher renne, damit sich nicht später ein Disput entwickelt. Wie schade! Beides...

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Eine von unzähligen unterirdischen Grotten.

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Im Park unterwegs.

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Einer, der vielen Türmchen, mit Treppen und Brücken.​

Ich weiß, dass ich die folgenden Sätze schon am Ende eines Beitrags zitiert habe. Aber zu diesem Tag passten sie ungemein. Und so ist es bis heute...


Manchmal geschehen die realistischsten Dinge nur in der Vorstellung.
Wir erinnern uns nur an das, was nie geschehen ist.


Carlos Ruiz Zafón





 



Unverhofft in Lissabon... Und nun in Sintra IX


- Der Brunnen der Initiation, der ein umgedrehter Turm ist und die Weltachse darstellt -

Irgendwo im weitläufigen Gelände (4 Hektar) soll es einen Brunnen geben, der niemals mit Wasser gefüllt war, was schon einmal interessant klingt. Dazu ist er durch seitliche Stufen begehbar. Von oben nach unten, oder umgekehrt. Spontan denke ich: Interessant - entweder vom Dunkel ins Licht, oder umgekehrt. Welche Variente werde ich wählen? Noch ahne ich nicht, dass diese Entscheidung mir abgenommen werden wird. Hätten wir uns länger in der Kapelle aufgehalten und wären hinunter in die Krypta gestiegen, ja, dann wäre wir durch unterirdische Gänge und Höhlen zum unteren Teil des Turms gelangt. Weil "Ich bin schon da" aber ungeduldig nach draußen stürmte, ahnten wir davon nichts. Und suchen nun etwas, von dem wir überhaupt nicht wissen wie es aussehen könnte. Und sich zudem unter der Erde befindet. Na prima.

Ich liebe zwar Abenteuer, aber es gibt welche, die braucht kein Mensch. Apropos Lebewesen: War es bisher erträglich, tauchen nun plötzlich jede Menge von Zweibeinern auf. Alle mit der gleichen leicht verschwommenen Fotokopie des Plans in den Händen, der (sehr!) in etwa skizziert, was es wo zu sehen geben könnte. Manche geben auf und suchen nun den Quinta-Ausgang, verbunden mit Café-Eingang, zur Erhöhung des mittlerweile stark gesunkenen Kaffeespiegels. Könnte ich gerade auch gut brauchen, aber aufgegeben wird so rasch nicht, das liegt mir nämlich überhaupt nicht!


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Nett, aber nicht das Gesuchte.

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Bei diesen Farben hüpft das Künstlerherz. Aber: falsche Tür!

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Ist da nicht ein fast versteckter, sehr schmaler Seitenweg?

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Man glaubt es kaum: Da ist sie, die steinerne Drehtür zum Pradies, nichts wie rein!

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Der umgekehrte Turm, mit Templerkreuz am Boden!

Wir betreten das seitliche "Treppenhaus" mit seinen 139 Treppen, um den Brunnen hinab zu steigen. Wenn man die drei Zahlen addiert (1+3+9) erhält man die Zahl 13, die für Transformation steht und in esoterischen Philosophien häufig den Tod und die Wiedergeburt symbolisiert. Der Brunnen hat 9 Etagen, wenn man ihn nach oben läuft zum Verschnaufen. Vom Dunkel ins Licht, zur Erleuchtung sozusagen. Unsere Richtung ist entgegengesetzt. Also in Richtung Hölle. Passt wahrscheinlich auch irgendwie besser zu mir...

Die 9 Etagen sollen sich übrigens auf "Dante’s Göttliche Komödie" beziehen und symbolisieren die neun Kreise der Hölle, die neun Bußbezirke des Fegefeuers und die neun Himmelsphären, die das Paradies bilden...

Nach oben kann ich nun ungestört fotografieren, denn ich bilde ja wie immer die Nachhut, was ich jetzt mal so richtig gut finde! Aber so gegen das Licht, ob meine kleine Kamera das mag?

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Durch schwach beleuchtete Höhlen gehen wir, ganz unten angekommen, weiter und weiter durch den Berg.

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Plötzlich Helligkeit, ein Wasserfall und ein See, damit konnte man nicht rechnen...

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Und nun? Gehen wir symbolisch wie Jesus über's Wasser, auch das ein Symbol...


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Die nachfolgenden Infos zum Thema muss man nicht lesen, kann es bei Wissensdurst aber gern tun:


Initiationsritual

Die Bedeutung des Wortes "Initiation" leitet sich vom lat. "initium" ab, also Anfang oder Eintritt. Als Initiationsrituale bezeichnet werden Formen von Aufnahmeprozessen einer Person in eine Gemeinschaft, welche mit dem Zuteil werden von Rechten und Pflichten verbunden ist. Übergangsriten dienen der Änderung von religiösem oder gesellschaftlichem Status. Sie lässt das Individuum nie mit weniger Macht zurück als vorher. Die Gemeinschaft sichert gleichzeitig durch die beständige Aufnahme neuer Individuen ihr Fortbestehen.
In der Ablösungsphase trennt sich der Proband von seinem alten Zustand, er verabschiedet sich. Die Zwischenphase ist charakterisiert durch eine Lernzeit, die auch eine Mutprobe beinhalten kann. Die letzte, sogenannte Integrationsphase dient der endgültigen Aufnahme.
Die Anzahl geheimer Gesellschaften ist unüberschaubar, so dass der einzige Berührungspunkt oftmals nur der des "mystischen" ist. Eine andere Gemeinsamkeit ist darin zu sehen, dass nahezu alle nur das männliche Geschlecht beinhalten (wie auch in der "Quinta da Regaleira"). Die hierarchische Konstitution tritt ebenfalls bei vielen dieser Gesellschaften auftritt. Der Bewerber steht nach seiner Initiation auf der ersten von mehreren erreichbaren Stufen. Der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe wird dann von weiteren geheimen Ritualen begleitet.
Das am Besten gehütete Geheimnis der Geheimbünde ist jedoch das ihres individuellen Intiationsrituals. Der Proband muss bei seiner Initiation häufig einen Schwur auf Verschwiegenheit leisten, dessen Bruch als eine der schwersten Verfehlungen galt.
Im Ritual der Freimaurer soll durch inneres Erschauen in einer dem Laien zunächst unverständlichen Symbolik auf den Menschen selbst eingewirkt werden". 23 Zentrale Symbole, die in den Ritualen und der Logenarbeit immer wieder auftauchen, stehen im Zusammenhang mit drei zentralen Themen: Eigene Identität, das Individuum in seiner Umwelt und das Bestehen des eigenen Todes. Die Freimaurerei schreibt Symbolen eine zentrale Rolle zu, denn sie besteht in einer fortlaufenden Kette von Symbolen.
Das Ritual selbst hat eine ebenso große Bedeutung innerhalb der Freimaurerei, nicht zuletzt wegen der bereits erwähnten Weitergabe von freimaurischen Lehren durch allegorische Formen. Die Freimaurerrituale haben ihren Ursprung im Steinmetz-Brauchtum und beziehen sich zum Teil auf alte Mysterienbünde. Das Initiationsritual ist dabei dasjenige, welches im Mittelpunkt steht.
Aufgrund von Ritualfreiheit und der großen Anzahl von Logen in verschiedenen Ländern kann man kein einheitliches Initiationsritual der Freimaurer beschreiben. Sind die Rituale in allen Logen verschieden, so ist doch festzustellen, dass jeder Initiation und auch jedem weiteren Aufstieg innerhalb der Freimaurerhierarchie ein erneutes Ritual zugrunde lag.
Die Aufnahme eines sogenannten Suchenden als Lehrling in die Gemeinschaft ("erster Johannisgrad") kann nur in wesentlichen Punkten nachgezeichnet werden. Das Ziel der Gemeinschaft ist es, die "wahre Weisheit" zu erfahren. Ob der Suchende sich zum Freimaurer eignet, muss dabei von der Loge erst geprüft werden.
Das Prüfungsverfahren, durch welches bestimmt werden soll, ob ein "Bruder" neu aufgenommen wird, ist in den Hausgesetzen der Logen festgelegt. Die geheime Abstimmung wird mit weißen und schwarzen Kugeln durchgeführt, wobei im Zeichen der Erleuchtungssymbolik die weißen Kugeln die Zustimmung signalisieren.
Ist die Abstimmung positiv ausgefallen, kann dann der erste Teil des Initiationsrituals beginnen. In einem Vorbereitungsraum werden drei Fragen gestellt, deren Inhalt auf religiöse Toleranz und die Gemeinschaft zielt. Danach wird der Bewerber in die "Kammer des stillen Nachdenkens“ geführt. In dieser abgedunkelten, lärmdichten Kammer soll der angehende Bruder seinen Weg ins Licht, also die Wahrheitssuche antreten. Bei einigen Logen stehen eine brennende Kerze und ein Totenschädel in der Kammer, welche Tod und Wiedergeburt symbolisieren. Der geistige Tod während der Initiation, welcher zur Erneuerung, also zur Wiedergeburt führt, wird als erste Phase gesehen, bei der man sich von seinem alten Zustand trennt.
Während der Bewerber in der stillen Kammer meditiert, werden in der Loge seine Antworten auf drei Fragen erörtert und geprüft, ob er sich als neuer Bruder eignet. Fällt das Urteil zugunsten des Neulings aus, wird er von Redner und Zeremonienmeister in typisch freimaurischer Kleidung in seiner Kammer aufgesucht.
Zu Beginn des zweiten Teils muss der Proband alle Metalle und diverse Kleidungsstücke ablegen. Ferner bekommt er die Augen verbunden, so dass er nun ausgeliefert und hilfebedürftig seinen weiteren Weg beschreiten muss. Auch hier ist die Symbolik nicht zu verkennen. So stehen beispielsweise die verbundenen Augen, wie schon im ersten Teil beschrieben, für den Beginn eines Weges in der Dunkelheit, welcher im Licht endet.

(Ende der Leseprobe einer Hausarbeit der Uni Mannheim, Veröffentlichung erlaubt,
gekürzt, für Laien verständlicher umgeschrieben und zusammengefasst von mir)​


************​

Im Fall der Quinta da Regaleira hätte die Zeremonie unterhalb der Kapelle, in einem speziellen Raum, vor einer Art Altar mit den üblichen Ritualen geendet. Ein Teil der Mutprobe soll daraus bestanden haben, dass der Bewerber/ Prüfling nachts im unterirdischen Labyrinth mit seinen Höhlen, wassergefüllten Grotten und zum Teil niedrigen Gängen quasi "ausgesetzt" wurde, was bestimmt kein Vergnügen war, mit all' den kleinen (und größeren?) Reptilien, Spinnen und was immer sich noch dort aufgehalten haben mag. Zudem übernahm sicher allein schon die Phantasie, das Kopfkino die Führung. Wann mag man die frierenden Delinquenten befreit haben, die den rettenden Ausgang in der feuchten, tiefen Schwärze allein nicht fanden?


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Zuletzt bearbeitet:

Unverhofft in Lissabon... Und nun in Sintra X


Wir gehen nun also (wie Jesus) über's Wasser, was sicher auch wieder eine Metapher ist. Ein wenig wird allerdings gemogelt, denn inmitten der "Entengrütze" (wie man bei uns sagt) befinden sich hohe Trittsteine. Allerdings nicht unbedingt für Schuhgröße sechsundvierzig geeignet und Tolpatsche schon gar nicht. Zudem sind sie ziemlich rutschig und später erfahren wir, dass schon so einige Besucher abgeglitten und im Wasser gelandet sind, das tiefer ist, als es ausschaut. Na danke, ich liebe zwar Abenteuer, auf dieses kann ich allerdings dankend verzichten! Vorsichtig reihen sich alle Mutigen hintereinander auf (andere gehen lieber freiwillig zurück ins Labyrinth) und kommen -wie wir- heil auf die andere Seite.

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Über eine bemooste Treppenanlage geht es zurück auf`s Parkniveau.​

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Noch ein verwunschenes Türmchen zieht meinen Blick auf sich...​

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Und der kleine Balkon oder Pavillion auch...​

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Dem "Großen" reicht es nun mit Drachen und Ibissen, Schlössern, Märchen und Sagen überhaupt, es geht zügig zum Ausgang und ich schaue sehnsuchtsvoll auf alles das in der Ferne, was ich nun nicht mehr entdecken werde! Komme ich eines Tages zurück, um...?

Von unten sind wir gekommen und traurig blicke ich auf die Stelle, wo sich vor wenigen Stunden das Taxi-Gate abgespielt hat. Sofort ist da wieder ein Stich im Herzen. Nun bin ich es, die den Ort der Schande rasch verlassen möchte. Direkt hinter der Quinta biegt nach links ein kleiner, grün bewachsener Weg ab. Nichts wie rein? "Wo geht es da hin?" Was soll ich darauf antworten, ich war auch noch nie hier?! Irgendetwas wird da schon sein, alle Wege führen irgendwo hin, jedenfalls nehme ich das mal so an.

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Verwunschen und grün bemoost ist es hier auch, damit bin schon zufriedengestellt...​

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Der Held will mehr wissen, wozu liegen Steine schließlich am Weg?​


Ach ja, es geht weiter wie gehabt, "Ich bin schon da" rennt vorweg, ohne sich nach mir umzublicken...

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Schwupps, weggezaubert...​

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Es wird enger und grüner...​

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Nicht nur steter Tropfen höhlt den Stein, starke Bäume vermögen auch allerhand...​

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Oh, was ist da buntes im Nebel auf dem Berg?​

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Von Schlössern hatte jedenfalls jemand aber so richtig genug, erinnere ich mich...
Und ich mag keinen verballhornten Kitsch!


Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.
Carlos Ruiz Zafón

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@Farbenzeit

Und wie löst du das Problem?

Eigentlich könnte man dann doch gleich allein losziehen, dann wäre beiden Seiten gedient?! Jeder tut das, was er möchte, wo er möchte und wie lange er möchte. Und hinterher erzählt man sich davon. Fände ich zwar sehr schade, aber wenn es nicht anders geht?!

Auf das "Hase und Igel"-Spiel habe ich absolut keine Lust mehr. Die Lösung derzeit sieht bei uns so aus, dass ich aufgegeben und mich hier auf dem Dorf "verbuddelt" habe. Aber das kann es ja nicht sein...

Wären wir in Portugal und erlebten getrennte Tage, würde er mir meine "Abenteuer" neiden, er könnte sich ja nur in einem begrenzten Radius bewegen. Da bekäme ich dann wieder ein schlechtes Gewissen, wegen allem, was ich gesehen und erlebt habe...

Merkwürdigerweise ist mir das Dilemma erst so richtig aufgefallen, seit ich hier schreibe. Ich schaute mir die Fotos an und der ganze Ärger kam vehement in mir hoch. "Corona" war eine Ausrede (?) um ohnehin nicht verreisen zu können. Nun sähe es anders aus...

Aber: "Drama, Baby, mehr Drama!" um es mit Bruce Darnell zu sagen, das brauche ich nun wirklich nicht...

Ich möchte, dass wir beide Spass haben und unseren jeweiligen Interessen nachgehen können. Zur Not würde ich das Fotografieren aufgeben. Aber damit würde mir viel fehlen. Gerade in Porto möchte ich gern für mich die Veränderungen dokumentieren. Es geht so schnell und in vielen Straßen ist kaum noch etwas, wie es vor Jahren war. Vielleicht möchte ich mir in gewissem Sinn die Vergangenheit bewahren, wie sie für uns/mich noch zu sehen und erleben war...
 
Zuletzt bearbeitet:
Also, er fotografiert ja auch, nicht so exzessiv wie ich...
wir kommen an einen Ort, jeder schlendert so seiner Wege und macht und guckt das, was er will und schlußendlich treffen wir uns wieder, gehn meist nochmal gemeinsam ein paar Dinge "durch",
weisen einander gegenseitig auf Sachen hin.
Oft sitzt er dann auch irgendwo und wartet, bis ich "fertig" bin.
Spannend ist dann, abends die Fotos zu sichten, oft die gleichen Motive, aber anders gesehen und interpretiert. Manchmal auch etwas, was dem andern entgangen ist.
Das alles, wenn wir Zeit haben oder sie uns nehmen.
Schwierig wird es auf dem Weg zum Flieger oder Schiff, zur Autovermietung etc. oder zum Restaurant, auch bei heiklen Fahrsituationen. Da gerate ich extrem in "Unterlassungsstress".
Und hechte immer hinterher, er ist dann schon sehr genervt. Müssen beide mit leben.:fies:
 
Ich glaub, im Sinne des friedlichen Zusammenlebens hilft nur, erst einmal sich der eigenen und gegenseitigen Bedürfnisse klar zu werden und das entsprechend auch mit dem Partner zu kommunizieren. Und dann muss man halt Wege finden, dass beide mit den Unterschieden leben können... Bei uns ist es so, dass wir uns beim Wandern oder generell beim "Draußensein" einigermaßen einig sind, meistens bin ich aber auch mit Fotografieren länger beschäftigt... Städtetouren funktionieren dagegen nicht so gut. Letzten Herbst war ich u.a. auch deshalb mit einer Freundin in Porto... Andererseits nimmt sich jeder auch mal Zeit für die eigenen Interessen, ich muss halt nicht mit zum Fußballgucken und er verschläft halt auch mal gerne einen schönen Sonnenaufgang...
Funktioniert auch nicht immer reibungslos, aber wir arbeiten dran... Was das Organisieren und Fahren angeht, so ist das überwiegend auch mein Job, aber inzwischen traut und kümmert er sich auch, das braucht vielleicht einfach auch nur etwas Zeit...
 
Organisieren tu ich und das mit Leidenschaft, er kümmert sich um alles bzgl Auto.
Fahren ist seine Sache. Da halte ich mich raus. Führt auch schon mal zu lustigen Situationen, weil Unterkunft und Wagen auf verschiedene Namen gebucht sind.
Jetzt sind wir aber absolut ins OT abgeglitten. Denkt Euch doch mal eine schöne Überschrift aus und wir bestellen den UmzugsLKW ins "Plaudern und Diskutieren*.
 
@Farbenzeit
@lotteluna

Eure Lösungen finde ich sofort logisch und nachvollziehbar, sitze nickend auf dem Sofa. Es sind jene Varianten, die ich mir auch wünschen würde. Sich über seine eigenen Bedürfnisse klar zu werden, sollte ohnehin zu einer Beziehung gehören. Das haben wir vermutlich alle mehr oder weniger schon in der Kindheit gelernt. Und bringt uns durch's Leben. Was aber, wenn kein Fundament da ist? Man nie kommunizieren konnte, weil das Angebot dafür gar nicht vorhanden war?
Die Sprachbehinderung wurde im Hort erkannt, Untersuchungen angestellt, Ergebnisse gab es keine, außer dem Jungen ab drei Jahren derbe auf den Mund zu schlagen, wenn mal wieder ein Satz "Kauderwelsch" war. Mit dem Ergebnis, dass das Kind im Keller eingesperrt wurde, oder nach der Schule gleich zu einem verborgenen Angelsee bis zum Abend verschwand.
Das sind Prägungen, die bis zum heutigen Tag anhalten und während ich das schreibe, sehe ich das Problem deutlicher als bisher. Irgendwie bin ich so eine Art "Mutterersatz", kläre und organisiere alles, kaufe was wir brauchen, begleite durch die Anreise und vor Ort, habe die Ideen, mache Vorschläge, und bereite die Rückreise vor. In meinem "Schutz" kann er dann nach vorn gehen, ich decke ihm ja buchstäblich den Rücken. Wie bei einem Kind, das sich sicher und behütet weiß und sich dadurch traut Abenteuer auszuprobieren.
Insofern klingt das jetzt für mich annehmbar. Aber es ermüdet mich zugleich enorm, strengt mich extrem an, da ich praktisch unfreiwillig die Mutterrolle übernommen habe. Da wiederholt sich meine Kindheit mit einer kranken Mutter und es ist das, was ich überhaupt nicht möchte. Ich wünsche mir im Gegenteil auch mal schwach sein zu können, müde und unkreativ. Ein Mensch eben...
Gespräche bringen uns nichts. Immer wieder versucht. Mal ernst, mal liebevoll, mal locker flockig. Mit dem Ergebnis, dass er aufsteht und weggeht (Garten, Keller). Er ist dann hilflos, weil er nur versteht, dass er so, wie er ist, nicht okay ist. Daraus entstehen Beleidigungen, die wiederum mich sehr verletzen ("Oooma"!).
Irgendwie haben wir aber trotzdem sieben gemeinsam Jahre überstanden. Meine Liebe zu Portugal hat sich auf ihn übertragen, er ist dort an allem interessiert, fragt viel, mag sich mit den Menschen nonverbal austauschen, lernt dazu mit jedem Aufenthalt, und hat ein Herz für Portugiesen in Not, da überlegt er gleich, wie er irgendwie helfen kann. Keiner versteht ihn und doch verstehen sie sich mit ihm. Das sind jene Momente, in denen ich mich für ihn (und seine Kontakte) freue. Es wird viel gelacht, mit den Händen erklärt und gezeigt. Was meistens funktioniert.

Portugal ist sein Traumland und er würde sicher mit mir dort hinziehen, wenn ich ein Nest dafür bereiten würde. Aber unser beider Rollen würden mitziehen. Ich möchte kein Trittbrett sein. Sondern eine Partnerin...
 
@ALISAN

Du weißt doch, was lange währt, wird endlich gut. Oder auch nicht... ;)

Unverhofft in Lissabon... Und nun in Sintra XI


Palácio Nacional de Pena

Wir schlagen uns erst einmal weiter durch, auf dem grünen Dschungelpfad, bis er auf einer Straße endet. Nach rechts hin sieht man nicht viel, nach links oben erahnen wir im Nebel das bunte Gebäude, das ein wenig von einer Lego-Burg zu haben scheint. Menschen sind allerdings keine weit und breit zu sehen, das hätte uns zu denken geben sollen...

Also, wie immer, der Held voran, ich hinterher. Wieder könnte ich prima "rückwärts" fotografieren, aber da ist partout kein Motiv. Straße mit Tuk-Tuk gibt nichts her. Tuk-Tuk?? Was machen die Teile hier, wo kommen sie her und wohin wollen sie? Ich mag es nicht, unbedarft durch die Gegend zu traben und dann noch aufwärts. Tja, hätte Senhora mal mehr über Sintra allgemein und nicht nur ellenhang über die "Quinta de Regaleira" gelesen, wäre sie jetzt informiert über das, was sie erwartet. Vielleicht war es aber auch gerade gut so, denn sonst wäre den beiden Reisenden ein kleines Abenteuer entgangen...

Die Straße schraubt sich hoch und höher, Sintra liegt plötzlich irgendwie ganz woanders, wie ein Blick durch Bäume zeigt, warm ist es auch, kein Mensch da, den man fragen könnte, aber aufgegeben wird nicht!

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Hätte ich mir Infos angelesen, wüsste ich a) was uns oben erwartet und b) was uns erwartet, um dorthin zu gelangen. Im Reiseführer heißt es dazu:

"Der Palácio befindet sich auf der Spitze eines Felsmassivs, dass die höchste Erhebung der Region ist. Vom Ort unten aus benötigt man zu Fuß ca. 50 stramme Minuten. Der Weg ist sehr anspruchsvoll und führt steil bergauf. Planen Sie deshalb besser nicht, diesen Weg zu Fuß zurückzulegen, sondern fahren Sie unbedingt mit dem Bus der Nr.434 hinauf zum Palast. Außerdem bestehen rund um die Anlage nur sehr begrenzte Möglichkeiten etwas zu essen und wenn, dann nur zu sehr hohen Preisen. Besuchen Sie deshalb besser ein Lokal in Sintra selbst!" Es ist definitiv zu spät dafür...

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Tja, hätte ich das am Abend zuvor gelesen, hätten wir... würden wir uns jetzt nicht einen Berg hinaufkämpfen mit leerem Magen und trockener Zunge. Letztere klebt mir quasi schon seit der Quinta am Gaumen, aber zu jammern bringt nun gar nichts, das ist klar. Der Große hat passend dazu lange Beine und sprintet bergan. Ich versuche dran zu bleiben und wenigstens einen Zipfel seiner Schuhsohlen zu sehen. Ab und zu hupt ein leeres Tuk-Tuk auf der Jagd nach Fahrgästen. Ich mache auf jung, gesund und in Bestform, um die nervigen Fahrer zu verscheuchen.

Von den Caminos her kenne ich sehr gut den Spruch: "Und wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt immer noch ein Anstieg her!" Könnte es nicht wenigstens irgendwie Dosen mit Kaltgetränken regnen? Na gut, ich will nicht anspruchsvoll sein, eine einzige (ganz klitzekleine) würde auch schon reichen! Keine Ahnung, wer im Himmel dafür zuständig wäre, jedenfalls hat er offenbar gerade Pause, oder muss sich um echte Notfälle kümmern. Es bleibt nur weiter zu trotten und zu hoffen, dass die Qual bald ein Ende hat. Und siehe da, nach einem Dreiviertelstündchen bin ich doch tatsächlich schon ganz oben, am Tickethäuschen, wo ein männliches Wesen mehr oder weniger geduldig auf mich wartet. Also wenn jetzt eine dämliche Bemerkung kommt, dann werd' ich aber... dann sag' ich sofort... dann geh' ich schnurstracks die 50 Minuten wieder nach unten!

"Warum sind wir denn hier raufgelaufen, was ist denn hier zu sehen?" tönt es mir entgegen. Ich könnt' grade... Er hätte doch schon mal fragen können... Oder nach oben gucken, er ist doch groß wie ein Turm! Nix davon ist passiert. Was bleibt mir übrig, ich stiefele mit hängender Zunge zum Häuschen, das da am Wegrand steht. "Tickets Palácio da Pena" steht über dem Schalter. Frageruf über die Schulter: "Möchtest du das Teil besichtigen?" Rückfrage: "Was gibt es denn da zu sehen?" Herr des Himmels, ich weiß es doch selber nicht! "Möchtest du denn da rein?" Herr gib mir Geduld und zwar jetzt, sofort und gleich!! Um allen weiteren Diskussionen zu entgehen gebe ich ein schwaches: "Ja!" von mir.

Die eifrige Kassiererin nennt mir alle Möglichkeiten, Varianten und Kombinationen und haut mir x-Preise um die Ohren. Das ist aber teuer! Sie beginnt von vorn: "Do you want to see the..." Ich nicke ergeben. Okay. The palace. Für Parkanlagen die sich über etliche Hektar erstrecken fehlt mir an einem Tag wie diesem jegliche Energie. "It's not far away, only five or ten minutes to walk!" Ich könnte die Frau küssen und Peter auch, der ausnahmsweise mal neben mir läuft. Vermutlich nur, da er noch nicht genau heraus hat, was es denn nun zu sehen gibt und wo genau es entlang geht. Überall Garteneingänge, aber auf uns wartet ja "the palace himself". Und ich rechne mit hmh, wie nenne ich das jetzt? Farbig. Ja das trifft es! Und es haut mich um. Zumal der Nebel... Ach, ich zeig' mal einfach kommentarlos die Bilder, dazu braucht es keine Worte...


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Und in der schwärzesten Nacht meines Lebens sah ich Sterne.

aus: Der Schatten des Windes

Carlos Ruiz Zafón


 

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Unverhofft in Lissabon... Und nun in Sintra XII

Palácio Nacional de Pena 2

Irgendwie bin ich sprachlos. Frage mich noch immer: Was ist das? Die Kulisse eines Disney-Films? Eine Parodie auf Neuschwanstein? Das Werk eines farbverrückten Künstlers? Eines durchgeknallten Baumeisters? Die wilde Verwirklichung einer märchenhaften Beschreibung? Eine Mischung von allem?

Eine Antwort gibt es nicht. Eine Innenbesichtigung auch nicht. "Sorry, wir bauen gerade um, das Schlossinnere ist zur Zeit gesperrt. I'm so sorry..." Tja, me too. Der Eintrittspreis war nicht ohne, ich habe einen Berg erklommen, um herzukommen und nun gibt es nur Steine zu sehen. Farbige immerhin. Kitschbunte könnte man auch sagen. Je nach Sichtweise. Ist schon in Ordnung, so wie es ist. Unerwartetes ist manchmal eine positive Überraschung. Was ich in diesem Fall nicht leugnen kann. Ich hätte vielleicht lieber als zweites ein ganz anderes Objekt im Kopf gehabt... Das ist nun zu spät, denn es ist unten, auf der anderen Seite des Berges und die Tageszeit mittlerweile schon fortgeschritten. Also das hier, oder gar nichts mehr. Die Entscheidung ist gefallen...

Innen darf man nicht, draußen kann man nicht. Erstens sind jede Menge an Besuchern da, zweitens zieht sich der Nebel immer mehr zu. Im Reiseführer (der warm und trocken im "Little house Belém" der Dinge harrt, die noch kommen sollen) heißt es: "Es ist wichtig einen Tag mit gutem Wetter zu wählen, da ansonsten der Nebel die fantastische Aussicht verhindert, die bei Sonne den Blick auf die Tejo-Mündung in den Atlantik ermöglicht." Tja, das war dann schon mal nichts. Innen wird renoviert. Das ist die Enttäuschung Nr.2. Es wurde nur kurz etwas zur Geschichte des Sommerpalastes erzählt, das war es dann schon. In Erinnerung geblieben ist mir haptsächlich, das die Schlossherren nicht oft hier waren. Da den Herrschaften (vor allem der Königin) viel zu kalt. Obwohl Sintra von vielen vermögenden Lissabonnern eben gerade wegen des kühleren Klimas und der angenehmen Luftfeuchtigkeit für den Bau eines Domizils ausgewählt wurde. Was sich in diesem speziellen Fall aber als kontraproduktiv erwies...

Die Grundkonstruktion (so erzählen mir Wiki und mehrere andere Seiten) entstand rund um die Reste eines verlassenen Hieronymitenklosters. Dessen Reste zum Teil noch zu sehen sind. Im manuelinischen Stil erbaut, mit einer passenden Kapelle aus dem 16.Jahrhundert. Der heute zu sehende Palast wurde von Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha, dem Gatten der portugiesischen Königin Maria da Gloria II und späterem König, in einem Mischstil als reiner Sommerpalast 1839-1850 erbaut (daher wohl zu wenig Heizmöglichkeiten).

Der Hauptarchitekt (deutscher Abstammung) ließ sich bei seiner Arbeit den Informationen nach tatsächlich von Schloss Neuschwanstein, sowie Reisen über verschiedene Kontinente und von Portugal selbst inspirieren. Der Hauptturm (wenn auch stark rosarot) ähnelt z. B. dem Torre de Belém in Lissabon. Anderes erinnert an die Alfama. Auch blaue Azulejos wurden bewusst verwendet. Maurischer Stil ergänzt.

Die strahlenden Farben der Mitte des 19. Jahrhunderts veränderten sich allerdings im Laufe der Jahrzehnte in ein trostloses Grau. Erst 1996 wurde der Palast aufwändig restauriert. Was beinhaltete, dass auch die ursprüngliche Farbgebung rekonstruiert werden sollte. Die eher konservativen Einwohner Sintras sollen angesichts der drohenden "Buntheit" entsetzt gewesen sein. Auf sie wurde aber augenscheinlich keine Rücksicht genommen.

Heute ist der Palast (vermutlich gerade deshalb) ein großer Anziehungspunkt und soll zu den prunkvollsten Palästen der Welt gehören. Auf jeden Fall kommen in jedem Jahr Millionen von Besuchern nach Sintra und das Schloss ist mittlerweile eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Portugals.

Meine eigene Meinung war und ist gemischt. Hätte ich eine Wahl für ein zweites Objekt gehabt, wäre es dieses wohl nicht geworden (obwohl ich Neuschwanstein sehr mag). Interessant ist es allemal. Aber irgendwie erschien mir alles als "zusammengesetzt" um möglichst viele Stilrichtungen unterzubringen. Zu "bunt", zu direkt, zu "schrill". Alles schien mir förmlich entgegen zu springen. Da war kein Geheimnis, nach dem zu suchen es mich verlangt hätte. Alles lag offen da, wie auf einem Silbertablett serviert...

Aber das muss und wird wohl jeder für sich entscheiden. Interessant ist die Anlage allemal und im Park (am Berghang) soll es zusätzlich vieles zu sehen geben. Aber wie schon erwähnt, eben mehr an Tagen mit klarem Wetter und wenn man bereit ist mehrere Tickets zu bezahlen. Wir hatten ja schon genug Abenteuer hinter uns und brauchten keine weiteren mehr, obwohl noch ein kleines kam. Unverhofft. Wie auch sonst?!

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Adeus Palacio da Pena. Für heute war es der Eindrücke wahrlich genug. Nun kann es heim ins kleine Haus gehen. "Heim? Aber wie denn??" Ohhilfe. Nun gibt's ein Problem. Aber ein richtig dickes. Es ging heute alles so Schlag auf Schlag. UNd nun Schritt für Schritt. Nämlich den Berg hinunter. Menschen sind keine mehr da (uns mal ausgenommen). Das Schloss des Tores kommt seinem Zweck nach. Es fällt nämlich in selbiges und riegelt die Burg ab. Na prima.

Der Held rennt mal gar nicht vor, sondern raucht in Ruhe. Froh, kein Problem zu haben. Wofür gibt es schließlich das Frauchen? Das er so gern "sein Superhirn" nennt. Davon ist gerade nichts zu bemerken. Überhaupt rein gar nichts. Eher eine gewisse (kaum anzumerkende) Unsicherheit. "Wir müssen auf jeden Fall nach unten, dort stehen bestimmt die Busse!" Man kann sich kaum verlaufen, so denke ich. Oben ist oben und unten ist unten. Dort wird jegliche Infrastruktur vorhanden sein. Muss. Sollte jedenfalls, sonst... Nie wieder Taxi, bloß das nicht!

Es wird zusehends dunkel, so schnell kann man kaum gucken. Ist ja auch November und demzufolge logisch. Von wegen Superhirn, sowas hätte ich berücksichtigen müssen. Die Beine tun mir mittlerweile weh und im Kopf klopft es dezent. Hunger und Durst habe ich sowieso. Der Große nie, der kann ewig ohne alles auskommen und isst dann für vergangene und zukünftige Zeiten auf einmal. Beneidendwert! Nach einer Weile entdecke ich ferne Lichter. Das muss Sintra sein! "Da unten?" fragt die männliche Stimme an meiner Seite. "Das ist aber noch ein ganz schönes Stück zu laufen!" Stimmt fatal. Wir lernen viel von der Umgebungnatur kennen, einen Teil der heimischen Tierwelt und Licht von Schatten zu unterscheiden. Hat was. Nur nicht nach diesem Tag.

Stunden später (jedenfalls empfinden wir es so) tut sich der Ort auf. Und ein Schild verkündet:​
"Estação de trens", ganze 1200m weiter. Warum gehe ich eigentlich jetzt plötzlich vorne, den ganzen Tag über war ich doch die Nachhut. "Weil du weißt wo es hingeht!" Na, das nenne ich mal Vertrauen! Welche Freude eine Gruppe Jugendlicher auf der estação zu enddecken, die offenbar die tiefe Dunkelheit nutzt, um sich zu treffen und miteinander zu reden und zu rauchen. Ich frage nach dem Ticketautomaten. Da vorne! Aber leider defekt! Gabriele, du musst jetzt ganz ruhig bleiben! "Und wie kauft man eine Fahrkarte?" Fröhliches Gelächter. "Na am Schalter!" Ach so. War ja klar. "Aber das Gebäude ist ja ganz dunkel?" Die Teenies haben ihren Spaß. "Na um diese Zeit schon..."
Boden tue dich auf, jetzt, sofort und gleich!


„Die Welt ist sehr klein, wenn Sie keinen Ort zum Gehen haben.“
Carlos Ruiz Zafón




 
Ich mag die Nebelbilder, gerade das hat was. Ich bin mir allerdings auch immer noch nicht sicher, ob ich die Legoburg wirklich sehen will...
Und die Geschichte. Ja, was wäre das Leben ohne sie.
 


Unverhofft in Lissabon... Und glücklich von Sintra zurück XIII


Portugiesische Jugendliche verhalten sich nicht wesentlich anders als deutsche. Eine erfreuliche Feststellung. Und fast noch mehr die Aussage (nachdem man reichlich gegluckst und sich gegenseitig verschwörerisch in die Seite geboxt hat), dass es natürlich noch weitere Automaten gibt. Funktionsfähige! Man bringt uns hin (nicht etwa, dass die Alten weiter herumirren!) und hilft uns, dem Apparat die Tickets zu entlocken. Na, man konnte die Steine förmlich plumpsen hören, die mir vom Herzen fielen. Peter angelt sich eine Zigarette aus der Packung und spendet letztere dem begeisterten Jungvolk.

Geduldig laufen wir auf dem leeren, von milchigen Lampen nur matt beleuchteten Bahnsteig hin und her. Zeit spielt nun keine Rolle mehr. Ein wenig gehen meine Gedanken zurück zu all' dem, was ich heute gesehen und auch ein wenig entdeckt habe. In Bereichen, die nicht überlaufen waren, sondern still, fast verlassen wirkend. Es war insgesamt gesehen ein lohnenswerter Tag und ich habe die Hoffnung, dass vielleicht noch so einer folgen könnte. Vielleicht sogar zwei? Man sollte nicht gleich übermütig werden...

Das "Pflichtprogramm" fehlt ja noch. Die Stadt Lissabon an sich. Auf meiner Wunschliste steht so einiges für diesen Bereich. Wahrscheinlich das übliche Besichtigungsprogramm aller Touristen. Aber halt! Da war doch was?! Ich wollte doch eine Reisende sein. Über Brücken gehen, von der Vergangenheit in die Gegenwart. Oder umgekehrt. Keine glatten Fassaden sehen. Nichts kaputt saniertes. Blank geputztes. Verfall will ich sehen. Lost places erobern. Vor allem den typischen Touristen entkommen.

Der Held nickt. Ja, genau das möchte er ebenfalls! Aber auch auf Flohmärkte gehen, durch Läden bummeln. Das macht es schwierig. Die Alfama interessiert uns beide (nachdem ich genug davon erzählt habe). Ansonsten wird es problematisch. Kompromisse stehen an. Meinerseits. Wer zum Reiseführer wird, kann kaum eigene Wünsche einbringen. Ich verstehe alle Beweggründe sofort. Wer nie reisen und dementsprechend keine Erfahrungen sammeln konnte, der weiß sich nicht gut zu helfen. In einer Großstadt, deren Sprache man beim besten Willen nicht mal eben so "erraten" kann. Ich bin Mutter und war immer mit meinen Kids allein unterwegs. Die ich auch nicht an irgendeiner senegalesischen oder marokkanischen Ecke "abgekippt" hätte...

Vorerst sitzen wir um Zug der Linie Sintra-Rossio, von der es im Internet heißt: "Die Strecke verläuft durch unaufföllige Wohnsiedlungen im Umland Lissabons, es gibt dort nicht viel zu sehen. In diesen Siedlungen leben größtenteils sozial benachteiligte Menschen, mitunter geht es dort sehr rau zu. Benutzen sie ihren gesunden Menschenverstand. Die Fahrt mit dem Zug selber gilt als sicher. Spät abends sollte sie sich aber in die Nähe anderer Reisender setzen und von dubiosen Menschen fernhalten. Am Besten lassen sie Wertgegenstände in ihrer Tasche." Würde man in Berlin, New York oder London auch so halten. Peripherien sind eben oft "speziell", das kann überall so sein.

Wir schauen müde aus dem Fenster, einfach nur froh, endlich sitzen zu können. Der Zug ist fast leer und entsprechend ruhig. Am Bahnhof Rossio treffen wir auf die übliche Athmosphäre einer Stadt, die später schlafen geht als andere. Zudem es nicht kalt ist. Doch zwei Probleme gibt es noch: Der Held möchte dringend Zigaretten kaufen, da er seine ja verschenkt hat. Und die Heldin soll wie ein Trüffelschwein mitten durch die Baixa den Weg nach Belém erschnüffeln. Ein geöffneter Kiosk ist rasch entdeckt, obwohl es mittlerweile längst nach 21 Uhr ist. Die Frage nach dem Tejo hingegen scheitert. Peter's Brandenburger Deutsch versteht keiner, obwohl er einige Passanten anspricht. Während ich erschöpft auf dem Brunnenrand "hänge".

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Dabei geht mir auf, wie sich Wasser verhält. Damit haben wir des Rätsels Lösung! Ich lotse uns immer weiter nach unten, denn oben kann ein Fluß kaum sein. Manchmal ist man aber auch wie mit Brettern vernagelt! Erleichtert finden wir uns am Tejo wieder. Und der Blick auf die Brücke "Ponte 25 de Abril" weist uns den Weg gen Belém. Still ist sie an diesem späten Abend und behält ihr Geheimnis noch für sich. Trotzdem scheint sie mir zuzublinzeln. Oder sind es nur Reflektionen des Wassers, in dem sich die Lichter der Stadt spiegeln? Mehrfach noch schaue ich mich nach ihr um. Und sie mir nach. "Bis bald", scheint sie zu flüstern, "wenn du zu mir kommen wirst, ganz unverhofft..."

An diesem Abend sicher nicht mehr. Wir (und unsere Beine) atmen auf, als wir das vertraute Schild entdecken:

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Wir sind so froh! Obwohl es für diese Jahres- und Uhrzeit noch angenehm warm ist:

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Gegen 23 Uhr schließen wir endlich die Haustür unseres kleinen Häuschens auf, essen und trinken stehend etwas und beschränken uns auf eine Katzenwäsche. Der Große ist fast schon eingedämmert, da lärmt es im Gässchen. "Eins!" sagen wir wie aus einem Mund. "Zwei!" sage ich eine Stunde später allein, dem sonoren Schnarchton neben mir angepasst. Dann dämmere ich wohl auch weg...


Dafür ist der Held am frühen Morgen dran, mit: "Drei!" Er klettert vorsichtig aus dem Bett.
Draußen warten die orangefarben gewandeten Kumpels. Gut dass die Zigarettenschachtel voll ist!





Unverhofft in Lissabon... Saudade


"Wann waren wir eigentlich in Lissabon?" fragt der Held vorhin. Er erinnert sich kaum an unsere Tage dort. An einzelne Fotos ja. Aber insgesamt? Seine Speicherkarte liegt in irgendeiner Schublade der Kommode unter dem Fernseher.
Meine ist in meinem Kopf. Und seit ich mir für das Forum die Bilder dazu angeschaut habe, ist das Gefühl mit Macht da. Saudade. Einfach aus der Kiste gesprungen, wie früher der Kasper. Der lachte wenigstens. Aber ich bin traurig. Warum? Durch hunderte wieder neu entdeckter Fotos klicke ich mich. Lächle. Schweige. Kämpfe mit den Tränen.

Warum? Weil es mir dort, in Lissabon, vielleicht klar wurde. Was? Alles. Was jetzt großspurig klingen mag. Aber ich begriff, was die Zukunft mir bringen würde. Und heute muss ich mir eingestehen: Es trat ein, wie damals, in Portugal, befürchtet.

Von Bild zu Bild klicke ich mich zur Zeit. Am Abend mir schon den nächsten Reisetag anschauend. Was ich damals nicht konnte. Denn das Leben spielt immer jetzt. In genau in diesem Augenblick. Manchmal haben wir einen gewissen Einfluß darauf. Meistens aber nicht. Denn wir werfen Karten auf den Spieltisch. Und das Leben legt seine darüber. Oder daneben.
Mal verliert man, mal gewinnt der Andere. Das nennt man dann eine Pechsträhne. Gute Tage gleichen aus. Minus. Plus. Am Ende stimmt es. Oder eben nicht...

Wenn ich morgen schreiben kann, werde ich/werden wir am Tejo sein. Zum allerersten Mal am hellerlichten Tag. So viel anderes gab es zu sehen. Vorher. Nun stehe ich am Ufer. Am vorletzten Tag. Denn fast einen ganzen werde ich noch verlieren. Gut, dass ich es nicht weiß...
Inmitten vieler Touristen versuche ich Motive zu finden. Mich. Etwas was mich berührt, beeindruckt , mich anzieht. Was schwer wird. Mit wem sollte ich dort sprechen, mich für einen Augen-Blick, ein Lächeln verbinden?

Der Flohmarkt "Feira da Ladra" ist das eigentliche heutige Ziel. Dieses Mal laufe ich voraus. Durch die Straßen ab der Bahnstation "Cais do Sodre". Vom Tejo aus nach oben zum Markt. Ich werde finden, was ich gar nicht suche. Der Held immer angespannter etwas kaufen wollen. Aber es nicht finden. Was meine bescheidene Freude über den kleinen, gefüllten Rucksack auf meinem Rücken zerstört.

Die Alfama steht auch noch auf dem "Programm". Nun bin ich mehr Touristin, als ich es je sein wollte. Auch die Kathedrale nehmen wir noch mit. Zum ersten und letzten Mal esse und trinke ich etwas außerhalb des "Little House Belém". Auf den Fotos kann ich es sehen. Und erinnere mich, wie wir an diesem Abend in Richtung Belém liefen und ich mich -angekommen- kaum traute meine kleinen, hölzernen Schätze auszupacken...

Die Karte nimmt mich auch noch mit zum letzten vollständigen Urlaubstag. Und entlockt mir ein Lächeln. Denn Wünsche werden sich erfüllen. Von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie hatte. Es ist Lissabon, das mir ein Geschenk macht. Und die Brücke, die mir ihres längst versprach und mich nun verlockt es einzulösen. Es ist die letzte Möglichkeit dazu...
An diesem Vorabend singt sie wieder leise ihr Lied, dass der Wind auf ihren Stahlsträngen geschickt wie auf einer riesigen Harfe zu spielen vermag. Es scheint mich zu fragen: "Wirst du morgen zu mir kommen?" Und ich nicke, ohne zu ahnen, was sich daraus entwickeln wird. Wie zwei Leben und Ansichten aufeinander prallen werden. Stand das nicht längst bevor?
"Erinnerst du dich?" fragte ich vorhin. Eine Antwort bekomme ich nicht. Es gibt wohl keine.

Ich schaue im Internet nach Übernachtungsmöglichkeiten. Weil ich dort, genau dort sein möchte. In aller Stille und Ruhe, mit meinem Skizzenblock und Stiften, dem kleinen, alten Fotoapparat, der mich schon so lange begleitet. Einem guten Buch.
Saudade. Sie ist da, voll ausgebrochen. Könnte ich "fliehen"? Einfach so? Welche Folgen hätte das am Ende?


"Schweig' still!" sagt der Verstand. Und: "Worauf wartest du?" das Herz.
Ach Portugal, ich nehme dich mit in die dunkle Nacht. Wie so oft...


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