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Portugiesische Miniaturen und Momente

  • Ersteller Ersteller Tano
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T

Tano

Gast
Gast
An dieser Ecke am Rossio auf dem zwischen Nationaltheater D. Maria II und der gleichnamigen Kirche stehen sie.
Da wo auch die wunderbare ist. Immer am palavern, verhandeln, abschliessen,träumen...

Die afrikanischen Männer und Frauen aus aller Herren Länder.

Die meisten absolut einwandfrei und auf das edelste gestylt und gewandet. Schnicke Anzüge, tolle Kleider, polierte Schuhe und Schühchen, Goldschmuck und verwegene Frisuren. Sieht gut aus...

Einige in etwas schlichterem Dress und nicht wenige in traditioneller Kleidung aus ihrer Heimat. Kaftan, bunte Tücher und seltsame Kopfbedeckungen die keinesfalls aus dem Laden des Azevedo Rua stammen.

Ein Bus der Carris hat eine Taube überfahren und sie in fast zwei Hälften zerteilt. Das arme Ding flattert völlig verstört über das Trottoir. Viele gehen etwas angewidert aber teilnahmslos vorbei.

Ein, in einem schneeweissen Kaftan gekleideter Afrikaner, legt einige Seiten des Correio da Manhã vom 1. Oktober 2003 auf dem Boden aus und drapiert einige kleine Steinchen drauf, damit der leichte Wind es nicht wegweht.

Er geht zu dem leidenden Tier und hebt es, leise vor sich hinmurmelnd auf. Er spricht mit der sterbenden Taube. Dann reisst er ihr mit seinen Händen den Kopf ab, legt sie auf die Zeitung, wickelt sie ein und deponiert sie, noch immer vor sich hinmurmelnd, in einen der caixotes de lixo.

Seine Freunde schauen dem in ungewohnter Schweigsamkeit zu. Nachdem er sich in der Pastelaria Hora Única die Hände gewaschen hat, ist alles wieder so, als sei nichts geschehen.

T.B.
 
Santa Clara a Velha im Alentejo. Sommer 1983. Brütende Mittagshitze. Auf der Avenida da India sitz ich vor dem . Heute eine schickes Restaurante und Pastelaria - damals eine super Spelunke .

Früh um Fünf wurde vor der Tür auf der Strasse eine Kuh geschlachtet . Was für ein Spektakel und alle waren um Sieben schon besoffen. Hab mich nochmal in die Falle gelegt.

Gegen Mittag wieder am Ball mit ´ner mächtigen Glocke im Kopf. Erst mal zwei Aspis und ´n Pedras...

Sitz dann da und esse ein verdammt leckeres und frisches bife de vaca und trink ´n paar Superbock.

Gegenüber ist eine kleine . Auf deren Stufen und im Schatten sitzen etwa zehn steinalte Männer und Frauen mit Krückstöcken, die vor sich hindösen. Ihre Hände liegen gefaltet auf den Knäufen ihrer Stöcke. Niemand sagt ein Wort. Sie pennen oder schauen mir zu.

Die Stille wird nur unterbrochen von diversen furchteinflössenden rotzehochziehenden Geräuschen, dem Auspucken auf das Trottoir und das klatschen der Aule auf dem Boden. So alle halbe Stunde vereinen sich die Anwesenden zu einer gradezu orchestralen Symphonie des Spuckens.

Dann wieder völlige Ruhe. Na so fast...

Um die Speilachen schwirren einige Fliegen. Blitzschnell hebt der eine oder andere seinen Stock und rummst den Gummipuffer am unteren Ende desselben auf das Geschwirre. Sie treffen...

Ich trink noch ´nen Macieira, geh auf mein Zimmer in dem zweistöckigen weissen Haus auf der rechten Seite mit den drei oberen Fenstern für ´n Nickerchen, wo Eva mit Kopfschmerzen keifend die Aspirinschachtel sucht.

T.B.
 
Wow Tom, da kommt Sehnsucht auf ....

Anfang November 2007....

Antonio lädt mich und meine Kinder ein, er will uns seinen Heimatort und Wohnort im Winter zeigen... es ist Santa Clara a Velha.
Wir fahren von der Algarve in den Alentejo. Unser erster Weg führt uns zu Antonios Freund, dem Eigentümer vom Restaurante Pepe, für mittags wird ein Tisch bestellt. Wir trinken schnell noch eine Bica, die Kinder eine Cola und los geht`s.

Unser Weg führt uns durch den kleinen beschaulichen Ort, vorbei an Gärten eingefasst von Zäunen, in denen Hühner scharren und Enten schnattern. Hunde sind eingesperrt, oft unter Verhältnissen, die meine Kinder erschrecken (und mich auch). Weiter geht es zu einer Quelle und zu einem Gehöft, dass hergerichtet wird, Touristen werden erwartet, ein Teil ist bereits bewohnbar, eine Familie sitzt beim späten Frühstück....

Wir kehren in den Ort zurück, vorbei an den kleinen weißen Häuschen, die ich so gemütlich finde. Ständig begleitet von Blicken der Einheimischen, meist ältere Leute, die auch mit Antonio sprechen. Was sie sagen, kann ich nicht verstehen, spüre aber Sympathie.
Wir schlendern über den Friedhof, er ist für meinen Geschmack zu bunt geschmückt, am Tag zu vor war Allerheiligen.

Wir gehen in ein Haus, offensichtlich eine Art Vereinslokal in der Mitte des Raumes steht ein Billardtisch, abgedeckt. Antonio nimmt ein Bild von der Wand und präsentiert es mir stolz. Eine Jungenfußballmannschaft und er als Trainer rechts daneben ist zu sehen. Er muß einen Schnaps trinken, ich lehne dankend ab.

Ein Mann mit dem Auto hält neben uns, ich sehe die erschrockenen Augen meiner Kinder, er hat an Stelle von Händen so eine Art Greifzangen, in der einen hält er eine Zigarette in der anderen das Lenkrad, die Männer sprechen über Fußball.

Unser Rundgang endet an der Kirche, vor der einige schwarzgekleidete Menschen in Gespräche vertieft stehen. Antonio erklärt uns, wir können die Kirche nicht von innen sehen, eine Messe würde abgehalten, jemand war gestorben, wir wollen nicht stören.

Wir sitzen an unserem Tisch, ich esse das erste Mal Lulas in so einer Art Tomatensauce, Antonio hatte Recht, die Köchin versteht ihr Handwerk und lassen die Atmosphäre auf uns wirken.

Mir wird klar, ich komme wieder, für länger....

Sol
 
Danke sol ! Santa Clara a Velha ist ein angenehmer Ort.

Ich bin dort schon mal drei Wochen an einem Stück gewesen, was mich so im nachhinein schon wundert. Viel los ist ja nicht im Ort ( ausser wenn Viehmarkt ist ) und schon garnicht in den Siebzigern, bis auf die Invasion der Hippies und Bühnen-Che-Guevaras aus Deutschland in dieser Zeit, die der verarmten Landbevölkerung des Alentejo bei der Revolution zur Hand gehen wollten - krkrkrkrk - aber erst am Nachmittag, wenn sie ausgeschlafen hatten, in ihrem Schmutz-Lager am Stausee.

Keiner von denen konnte länger als eine Stunde ´ne Schippe grade halten aber haben im Ort geklaut und geschnorrt wie die Raben.

Den Mann mit den Greifzangen anstelle seiner Hände kenn ich. Der hielt mich anfangs auch für einen von denen. Hab aber zu der Zeit im besten Haus des Dorfes gewohnt am hinteren Ortsrand.

Irgendwann im Sommer 1984 entkerne ich eine Honigmelone am Strassenrand der Avenida da India in Santa Clara a Velha. Dabei fällt mir das schlabberige Gekerne des Inneren auf den Bürgersteig.

Ich gehe essend weiter, um mir aus dem nahen Casa Pepe ein Kehrblech zu holen, mit dem ich das wieder wegmachen kann.

Ein Mann schimpft hinter mir her, das wäre eine porcaria und er fänd das nicht gut.

Anstelle seiner Hände befinden sich links und rechts z.T. mechanisch bewegliches Instrumentarien, die einer Schweizer Messer Ausstattung ähneln. Zangen, Greifer, Haken, Besteck und ähnliches. Sogar eine Art Korkenzieher ist dran.

Als ich mit dem Kehrblech und etwas Papier zum aufnehmen des Gekröse zurück komme, ist ihm das unangenehm und er entschuldigt sich. Er spricht leidlich Englisch und wir trinken was zusammen.

An späteren Tagen nimmt er mich ab und an in seinem Auto nach Odemira mit, wo ich mir einen Spiegel ( das Magazin ) kaufen möchte, den ich bis heute dort nie bekommen habe.

Der kann Dinge mit seinem Werkzeugkasten an den Unterarmen machen, da staunste nur.

Es wird erzählt, das ihm angolanische Widerstandskämpfer ( MPLA/UNITA/FNLA ? ) in den Befreiungskämpfen gegen das portugiesische Militär gefangen genommen und ihm dann die Hände abgehackt haben.

Er spricht nicht darüber aber wir haben noch oft vor´m ´Pepe´ gesessen und lustige Sachen erlebt.

T.B.
 
In der des Centre de Arte Moderna ( einem Nebenbau des Museu Calouste Gulbenkian ) in Lissabon kann man halbwegs gescheit einen preisgünstigen Imbiss nehmen.

Sitz ich da irgendwann allein am Tisch im September 2003 und esse was. Am zweiten Nebentisch rechts von mir verspeist ein etwas irritiert wirkender Japaner die üppige Mahlzeit auf seinem Tablett nicht mit den Spitzen der zwei Gabeln, die er als Eßbesteck nutzt, sondern mit deren Griffen. Na gut !

Eine Gruppe von acht, bis zum Exzess aufgetakelte Spanierinnen im besten Klimakterium, betritt die Bühne und plaziert sich, bar jeglicher höflichen Anfrage, an den Tisch des Japaners, welcher leicht zu hyperventilieren beginnt.

Die Damen gröhlen und krakelen, wedeln mit ihren Handtaschen, kariolen um den Tisch umher, setzen sich, springen wieder auf und machen einen auf Wichs.

Allem Anschein nach handelt es sich um eine Verständigung darüber, welche der Krawallschranzen an der Theke was bestellt und die Auswahl der Getränke.

Alles ist ein wenig peinlich berührt. Der Japaner wird immer kleiner und blasser.

Aus dem hinteren Servicebereich der Cafetaria betritt ein leicht schmuddeliger, locker zwei Meter grosser Muskelprotz mit Tätowierungen und Küchenkittel den Ort des Geschehens.

Mit nicht zu überhörender Stimmgewalt verkündet er in etwa sinngemäß " haltet eure bescheuerten Flamencofressen oder verpisst euch...". Die Worte ´fuça...gritar...malcriado und se safar´ sind gefallen, weil die kenn ich.

Schlagartige Stille tritt ein und der Sohn Nippons ist zu Salzsäure erstarrt.

Mit einer sanften Handbewegung gebe ich ihm zu erkennen, daß er an meinem Tisch willkommen sei und er wechselt deutlich durchatmend zu mir.

Ich frage ihn ( auf Englisch ), ob ich ihm ein Bier spendieren darf, worauf er nach meiner Nationalität fragt. Deutscher ! Er beginnt zu lachen und nimmt die Einladung dankend an.

Die Spanierinnen gehen.

Was wir gegessen haben weiss ich nicht mehr. Was ich mir angeschaut habe auch nicht.

Aber der ist echt spitze.

T.B.
 
Hab auf der Av. Almirante Reis ein paar Bananen und Kekse gekauft. Geh ich durch das Graca-Viertel spazieren, da, wo es ziemlich runtergekommen ist. Will am Miradouro Nossa Senhora do Monte ein Picknick machen so im März 2004.

Seh ein mächtig demoliertes Gebäude mit augehängter Haustür aber mit Charme und vielen Blumentöpfen überall. Vom Hof höre ich Kinder singen. Geh da mal rein.

Sie gaffen mich an und dann die Bananen und die Kekskiste. Ich beginne zu verteilen und wir essen unter reichlich Geplapper und Gelächter alles auf.

Sie werfen die Bananenschalen über einen Bretterzaun auf das Nachbar-Grundstück. Mach ich auch.

Einige Sekunden später fliegen von der anderen Seite zwei Fußbälle und ein Kinderwagen auf unsere Seite.

Das knappe Dutzend kids lacht. Die von der anderen Seite auch. Ich grinse und gehe. Dieses Spiel kannte ich noch nicht.

Geh runter zum P.Martim Moniz. Muss Bananen und Kekse kaufen.

T.B.
 
Ich danke Dir, Wolfgang ! Freut mich ! Zur Guten Nacht noch den...
---------

Eine grosse Rotte von Möwen versucht, einer einzelnen Katze auf dem Gelände des Fischereihafens von Peniche einen einzelnen Fisch streitig zu machen. Was für eine Schlacht.

Knapp zehn Meter daneben liegt ein verdammt grosser Haufen Fisch auf dem Kopfsteinpflaster rum. Würde für ´ne Weile reichen. Für alle.

Kapiern die nicht. Sind wohl Tölpel ? Egal, die weißen sind die Doofen.

Die Katze verzieht sich in die Cervejaria ´O Novo Cais´. Ich auch.

T.B.
 
Eva ist schon seit 3 Wochen in Portugal. Ich muss noch arbeiten und auf Geld warten.

Dann geht es im August ´83 los mit meiner grün-weissen . Mein Kumpel Jupp, zwei Frauen von ´ner Mitfahrzentrale und ich. Jupp und die eine fangen schon in Belgien an zu knutschen.

Ich bin sowas von juckig. Wir fahren eher mehr als weniger von Aachen nach Vila Nova de Milfontes durch.

Sie soll auf dem Campingplatz der ihr Zelt aufgestellt haben. Milfontes hatte zu jener Zeit einen kommunistischen Bürgermeister.

Am , wo auch die Treppen zum Boot sind, was auf die Südseite des Ria Mira schippert, gibt/gab es eine Cervejaria mit Restaurante, wo die Scene abhängt.

Ich bin sowas von kirre nach der Frau, daß ich keine zwei Schritte gradeaus gehen kann.

Wir gehen rein. Es ist ziemlich voll. Sie ist nicht da. Ich bestell eine Runde Bier für uns.

Sie betritt den Laden. Sieht mich nicht. Ich hauche ein ´Eva´ durch den Raum und wir stürmen wie zwei angesengte Büffel aufeinander zu.

Die Anwesenden scheinen zu ahnen was abgeht...es wird still...

Fallen uns in die Arme, torkeln jaulend und mit Tränen in den Augen eng umschlungen durch das Lokal, poltern gegen Tische, Stühle kippen um, das Personal unterbricht die Bedienung. Wir ( 31 und 19 Jahre alt ) knien voreinander nieder, beten uns an und knutschen.

Dem Jupp ist das alles etwas peinlich. Alle anderen fangen an zu klatschen. Unsere Lokalrunde ist dem und unserer Liebe durchaus angemessen...

Der Strich8ter wird heute noch immer von ´nem Schreiner in Düren gefahren.

T.B.
 
Mal wieder in Lissabon und mal wieder ein schöner Spaziergang durch das Mouraria-Viertel.

Zu Fuß von Martim Moniz hoch zur immer auf der rechten Strassenseite. Entlang der und an Häusern, wo in den Eingängen riesige Pappkartons liegen, in denen in der Nacht Menschen drin schlafen.

Seit Jahren zu beobachten ist in Höhe der Haltestelle R. Lagares folgendes:

Die Passanten die dort unterwegs sind weichen wie eh und jeh, an immer der selben Stelle, vor immer dem selben Haus vom Bürgersteig ab, gehen einige Meter auf der Fahrbahn, so als umgingen sie ein unsichtbares Hinderniss, schauen dabei zum Himmel und kehren dann auf das Trottoir zurück.

Seit Jahren tue ich es ihnen instinktiv gleich.

2003, an einem lauen Mittwoch im Oktober, will ich´s wissen. Schräg gegenüber ist ein kleiner Platz mit einem Brunnen und einigen Bänken.

Kurze Zeit später öffnet sich in dem besagtem Haus auf der ersten Etage ein Fenster. Rechts und links auf dem Fensterbrett stehen einige bunte Blumentöpfe. Zwei Schnüre sind in den Rahmen gespannt, an denen Wäscheklammern baumeln. Ein ziemlich fertig aussehender und unrasierter alter Mann in einem schmuddeligen rot/gelb gestreiften Pyjama erscheint im Rahmen.

Hat ´ne Kippe im Mundwinkel und beginnt unverzüglich, in Abständen von 20 bis 30 Sekunden teils kompakte, teils sprühflächige Aulen auf das Pflaster zu speien. Dann fliegt der Kippenstummel hinterher und das Fenster wird geschlossen.

Ich schau mir das nochmal kurz von Nahem an. Das sieht nicht gut aus...

T.B.
 
Rund um 12 Uhr Mittags in der Parkanlage am Campo dos Mártires da Pátria. Eine hübsche Oase der Beschaulichkeit visavis der Deutschen Botschaft.

Es ist sehr warm und sehr schwül und verdammt ruhig. Es riecht nach high noon...

Männer und Frauen, Junge und Alte, Reiche und Arme, die der nahen medizinischen Fakultät und das pausierende Personal des São José-Krankenhauses, die Gänse und Hühner, die Pfauen und Enten, herrenlose Hunde und sonstiges Getier und sind am ratzen, schnarchen, dösen, schlummern an der Stelle wo sie grade stehen, sitzen oder liegen - außer Tom - der guckt rum.

Ach - ich liebe diese stillen Momente der Ruhe vor dem grossen Sturm...

Kommt ein Afrikaner in ´nem Anzug mit ´nem Aktenkoffer unter´m Arm .

Kriegt der hier die volle Krise und greift ihn an.

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Was für ein Spektakel. Dem Ärmsten werden in die Beine gezwackt und mächtig auf die blitzeblanken Schuhe gepickt. Dazu gewaltiges Flügelschlagen und grosses Gezeter. Der Mann hüpft und stolpert umher...

Binnen zehn Sekunden ist der ganze Park in Aufruhr. Alles was lebt, trägt seinen akustischen Teil bei, ist am brüllen, krähen, toben, bellen, fluchen, wütend zwitschern, zetern und rum am fuchteln und hampeln...

Dann fängt sich dieser rassistische Gänserich einen Tritt von einer Studentin der Fakultät (?) ein, trollt sich und es wird wieder ruhiger ( die Bilder sind danach aufgenommen worden ).

Auch der etwas unruhig zitternde Afrikaner verlässt den Ort.

Die meisten pennen weiter, einige erörtern den Vorfall und der Gänserich erntet böse Blicke, was ihn nicht sonderlich beeindruckt...

portugalseptember200822.jpg



T.B.
 
Geschichten aus dem Tribunal Boa-Hora in Lissabon

Es ist mal wieder einer dieser verdammt heissen Tage in Lissabon im Spätsommer 2004. Das Frühstück im Cafe ´Rosa dos Ventos´ am Praça da Alegria ist üppig und langgezogen gewesen. Geplant ist ein Spaziergang nach Ajuda in den Boa-Hora-Kiez, nahe des Jardim Botânico d´Ajuda.

An der Ecke Rua do Carmo/Rua Garrett merk ich - ich muss auf´s Töpfchen.

Bin grade am Fnac vorbei und die Klos sind da nicht besonders überzeugend.

Ein Stückchen die Rua Nova do Almada hoch, seh ich das hier und stutze wegen dem Namen.

Was sich dahinter genau verbirgt, ist mir nicht ganz klar aber Toiletten werden sie wohl haben in diesem Haus des Rechts.

Geh ich mal durch diese und niemanden juckt es.

Alles schön alt und mit der Patina von Jahrzehnten belegt. Es laufen Leute mit Aktenbündeln umher und die Treppen hoch oder runter. Alles macht einen entspannten Eindruck. Ich gehe auf einer ausgetretenen Treppe in die erste Etage.
Nach rechts führt ein Gang, in dem alte Ledersessel stehen und Bilder an den Wänden hängen, zu den Toiletten und siehe da - man muss sich nicht genieren auf den ´Urinois do Tribunal da Boa Hora´ .

Wasch mir die Hände und geh wieder zur Treppe - ist der ganze Aufgang mit Menschen verstopft, die nach unten wollen. Frauen und Männer aller Altersgruppen in durchaus adrettem oder vornehm legerem Gewand, einige mit dezenten Piercings und kleinen Zöpfen. Die Älteren werden mit auffallendem Respekt behandelt. Alle sind angeregt am plaudern und irgendwie freudig erregt.

Niemand interessiert sich für mich, also geh ich mit dem ganzen Tross einfach mit.

Im Erdgeschoss geht es durch einige Gänge in einen grossen Saal hinein, wo drei der vier Wände komplett mit einem zweistöckigen, äusserst beeindruckendem Buffet vollgestellt sind.

Es fehlt irgendwie an Nichts, mir allerdings an Worten... Alles da. Echt grandios...

Aus einem Nebenraum erscheinen Hostessen mit Getränke-Tabletts, auf denen so das Übliche und Angemessene steht zu solchem Anlass ( den ich nie erfahren habe).

Es beginnt die zu erwartende Schlacht und in den folgenden 20 Minuten tu nicht nur ich alles, um in die Hölle zu kommen, wegen des Verstosses gegen die sechste Todsünde - der Völlerei .

Dann mach ich, daß ich wegkomme...der Spaziergang fällt aus...das Abendbrot dafür dürftig...
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Hab erst Jahre später nochmal reingeschaut und ein bischen Infos gesammelt.

Ist ein ziemlich altes Gemäuer in dem schon seit ewigen Zeiten Gerichtsverfahren stattfinden.

Hier eine Aufnahme aus dem Jahre 1909 (Julgamento dos acusados do incêndio da rua da Madalena em 1907) .

Später wurden hier die, von der Pide Verfolgten, Gegner des Salazar-Regimes abgeurteilt ´Portugals halbherzige Erinnerung´ .

Das Domizil der PIDE war nur wenige Meter entfernt.

Wenn ich mich nicht irre, findet hier auch der Casa-Pia-Prozess statt ( von dem man irgendwie auch nichts mehr hört ).

Es gibt Planungen, dieses geschichtsträchtige Gebäude in ein umzuwandeln .

T.B.
 
hi,
gewohnt ordentlich- aufschlussreiche berichterstattung; aehnlich gut wie 'die enten (die unser bulli so mag) und mártires da pátria'; tanks t.b.

mit deiner erlaubnis gebe ich diesen text an einen befreundeten, deutschsprachigen richter am zitierten gericht weiter; der wird sich bestimmt freuen, wenn er liest wie es einmal war:-)

wegen der 'mudança de instalações do tribunal da boa hora para o parque das nações' hat bereits in der vergangenen woche dort die grosse einpack-umzug-aktion begonnen; spekulativ bis offen bleibt nun nur noch die frage, ob die portugiesische justiz an einem neuen schreibtisch sozusagen zukuenftig auch effizientere Arbeit abliefern wird.

ainda continuação de um-
bom dia, por exemplo
henry
Tom Bombadil schrieb:
Wenn ich mich nicht irre, findet hier auch der Casa-Pia-Prozess statt ( von dem man irgendwie auch nichts mehr hört).
der fall 'casa pia' wird im tribunal de monsanto/lx verhandelt
 
HenryHill schrieb:
... aehnlich gut wie 'die enten (die unser bulli so mag) und mártires da pátria'; tanks t.b. ...
Vielen Dank für Deine Antwort, nur wer ist bulli...?
HenryHill schrieb:
mit deiner erlaubnis gebe ich diesen text an einen befreundeten, deutschsprachigen richter am zitierten gericht weiter; der wird sich bestimmt freuen, wenn er liest wie es einmal war:-)
Klar ! Warum nicht ?

Ich finde es schade, daß die dicht machen ( andere sehen das wohl vermutlich anders ), weil ich fand es die wenigen male, die ich drinnen gewesen bin immer interessant und irgendwie spannend bis leicht unheimlich, vor allem nachdem ich die Geschichte des antigo Convento ein wenig kannte.

Ich weiss, daß ist nicht grade der Lieblings-TV-Sender einiger hier im Forum aber zwei Beiträge von tvi24 möcht ich dann doch noch einstellen

und .

Zum Parque das Nações geht es also. Bei passender Gelegenheit werde ich da mal mit dem Codigo de Processo Penal unter´m Arm reinschauen und gucken wo das Bufett steht...grins...

T.B.
 
Ha - jetzt isses mir eingefallen wer bulli ist. Der hier von geschaffene !? Oder ?
 
Tom Bombadil schrieb:
Ich finde es schade, daß die dicht machen ( andere sehen das wohl vermutlich anders ), weil ich fand es die wenigen male, die ich drinnen gewesen bin immer interessant und irgendwie spannend bis leicht unheimlich, vor allem nachdem ich die Geschichte des antigo Convento ein wenig kannte.

hi,
ja, ich finde das auch bedauerlich; nach meinen informationen waere es auch machbar gewesen, den bau zu modernisieren um danach auch weiterhin eine der bekanntesten juristischen instituionen der stadt zu beherbergen; wieder und bedauerlicherweise eine chance vergeben, so etwas wie 'die neue, portugiesische identitaet' zu finden ...

well, vielleicht gelingt es den alfacinhas ja mit diesem projekt das 'alte lebensgfuehl' in der innenstadt neu zu erfinden.

Todos os dias, três quiosques antigos recuperados vão servir bebidas e comidas da antiga Lisboa. Limonada, moscatel, mazagran, rebuçados de ovo, queijadas de Sintra são algumas das iguarias à venda.


einw_largo_do_cam33.jpg


einw_largo_do_cam28.jpg


einw_largo_do_cam29.jpg


**ich wollte zum thema wirklich etwas ausfuehrlicher schreiben- allein, mir fehlt z.zt. leider genau diese;-)

Tom Bombadil schrieb:
Ha - jetzt isses mir eingefallen wer bulli ist. Der hier von geschaffene !? Oder ?

yep, genau der bulli-
der leidet z.zt. an den menstruationen, ist u.a. ein wenig antriebslos, schlapp und
kamerascheu; aber thx god nicht zickig, lol
bulli.jpg
 
Ein bis heute nicht gelöstes Rätsel.

Ein heisser Sommernachmittag 1986 an der Südufer-Seite des Tideflusses gegenüber der Ortschaft Vila Nova de Milfontes kurz vor der Flussmündung in den Atlantik. Das bei Flut wesentlich breitere Flussbett ist wegen der schnell voranschreitenden Ebbe, von einer starken und bekannterweise gefährlichen Rückströmung in Richtung offeners Meer geprägt.

Allerlei Strandgut wird sichtbar.

Eine grössere Gruppe irritiert dreinschauender Menschen steht im Kreise und betrachtet etwas, was auf dem Sandstrand vom abströmenden Wasser nicht mit in das Meer gezogen worden ist. Einigen ist ein dezenter Ekel anzusehen.

Ich gehe näher heran, um mir das anzuschauen.

Es ist ein schätzungsweise 300 bis 400 Gramm schwerer Klumpen dunkelrötlich/schwarzer undefinierbare Masse, ähnlich einem Stück Leber und feucht-schwabbelig glänzend. Keinerlei erkennbare Extremitäten sind vorhanden, keine Augen, Flossen, Kiemen oder Tenktakel - absolut nichts !

Aber ! Das Teil lebt ! In etwa zweisekündigen Zyklen vergrössert bzw. verkleinert sich das Volumen der Masse um etwa drei Zentimeter.

Ein jüngerer Mann nimmt die Buddelschippe seiner Tochter und schleudert das Ding erkennbar angewidert in die starke Strömung des Rio Mira und die Menge zerstreut sich irgendwie nachdenklich...

Hat jemand eine Ahnung, was das gewesen sein könnte ?

T.B.
 
Tom Bombadil schrieb:
Hat jemand eine Ahnung, was das gewesen sein könnte ?

Nee weiß ich auch nicht...aber komisch mir fällt dazu folgendes ein.

War im Oktober 2006 am Praia da falesia. Ich sitze im Schatten und blättere in meinem Buch, was ich schon längst hatte lesen wollen. So richtig kann es mich nicht fesseln, immer wieder geht mein Blick auf Suche. Meine Jungen, neun- und elfjährig, sitzen in einigen Metern Abstand zu mir am Meer und buddeln mit diesen großen Muscheln im Sand. Sie tragen ihre neuen Badehosen, gekauft vom eigenen Taschengeld. Die eine hellblau die andere hellgrün, beide mit riesigen weißen Blüten. Keiner ihrer Freunde wird die gleiche haben, so hoffen Sie.

Plötzlich kommen sie beide angerannt. Sie sind verziert mit braunschwarzen Schlieren, nicht nur an Hände und Beinen, nein auch an den schönen neuen Badehosen. Nun sahen wir am Strand, gleichmäßig verteilt, kleine schwarze Kügelchen.

Auch hatten sich schon Gruppen von Menschen mit weißen Turnschuhen und kakifarbenen Hosen und Westen, die darüber beratschlagten, wer ihnen den entstanden Schaden entschägigt, zusammen gefunden. Soviel stand fest, die Schuhe brauchte man nicht wieder mit nach Hause nehmen.


Es dauerte nicht lange und die Wasserpolizei war vor Ort. Man erklärte uns, vermutlich wurde ein Schiff draußen auf dem Atlantik gereinigt und ungünstige Wind und Strömungsverhätnisse haben den Unrat an den Strand geschwemmt.

Natürlich kein Rätsel, was das war...
 
sol schrieb:
...Natürlich kein Rätsel, was das war...
Wirklich schwer ist es nicht gewesen...lach...

Solcherart grössere oder kleinere Malheurs mit grösseren oder kleineren angeschwemmten Schwerölverklumpungen hatt wohl jeder schon mal an dem
einen oder anderen Küstenabschnitt in Portugal erlebt. Grad die Ecke um den Petrochemiehafen bei Sines - nicht weit vom o.g. V.N.d. Milfontes - war früher bekannt für sowas. Hört man heute eher selten von.

In den letzten Jahren hab ich derartiges übrigens - wie ich grade so überlege - nirgendwo mehr erlebt. Bei Praia da Falésia wüsst ich jetzt keinen nennenswerten Industriehafen in der Nähe, demnach hat die Policia Maritima wohl Recht... Entschädigung ? Würd mich wundern ! Von Wem ?

Und wie gesagt - mein Klumpen hat gelebt und irgendwie geatmet. Das war kein Ölklumpen. Seltsames Ding und auch die damals anwesenden Portugiesen schienen nicht zu wissen, was das ist...

T.B.
 
Tom Bombadil schrieb:
Hat jemand eine Ahnung, was das gewesen sein könnte ?

Könnte es vielleicht eine Qualle oder sowas ähnliches gewesen sein?

Vielleicht eine oder gibt´s auch noch ein Bild.

Heike
 
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