AW: Rassismus in Portugal
Ich habe dazu einen kurzen Text geschrieben, den ich hier gerne zur Diskussion stellen möchte. Dazu muss ich sagen, dass ich kein Sprachwissenschaftler bin, sondern sich alles in meinen eigenen Erfahrungen und Wissen gründet. Für konstruktive und unpolemische Kritik bin ich offen! Auch die Argumentliste würde ich gerne erweitern.
Bitte sehr:
Brasilien ist derzeit wahrscheinlich das beliebteste lusophone Land, welches derzeit eine Menge seiner Kultur exportiert. Das Land wo alle Menschen den ganzen Tag lang Capoeira oder Lutalivre betreiben, wenn sie nicht gerade Samba tanzend, Cachaca und Acai konsumierend, den ausschließlich wunderschönen Mitmenschen hinterhergucken und sich zum BaileFunk in der Favela verabreden. Warum ist das möglich? Weil einem die Früchte von der Palme direkt in den Mund wachsen und der Himmel dort die größte Nähe zur Hölle aufweist.
Brasilien ist einfach toll, wenn man nur seine Vorurteile aufrechterhält und man bloß nicht versucht, sich Gedanken zu machen. Wenn man sich also fortan zünftig in der Churrascaria den Bauch vollschlägt und anschließend an der Copacabana vergeblich das Girl von Ipanema gesucht hat, aber nur die blonde Helga aus Stockholm fand, dann weiß man, was man hat.
Die Portugiesen sagen, dass die Brasilianer einen Dialekt sprächen – aber bei einem Verhältnis von ca. 200.000.000 Brasilianern zu rund 10.000.000 Portugiesen kann man das ruhig anzweifeln.
Also warum verdammt sollte man europäisches Portugiesisch lernen?
Dafür habe ich mehrere Gründe – einige handfester, andere eher virtueller Natur, hier erst einmal die wichtigsten:
1. Wir leben in Europa. Sprachreisen oder ein Surf- bzw. Kultururlaub lassen sich aufgrund der Flugpreise und fehlender Wechselkursverluste billiger und leichter organisieren. Zur Not kann man sogar mit 4 Freunden im Auto runterfahren. Da die portugiesische Wirtschaft ähnlich absackt, wie die griechische, wird es wohl sogar noch billiger!
2. Das europäische Portugiesisch ist im Durchschnitt komplexer. Portugiesen neigen zu einem etwas ausladenderem Satzbau und schöpfen mehr der reichhaltigen Grammatik aus, was auch durch den durchschnittlich höheren Bildungsgrad in Portugal bedingt ist. Je gebildeter die Schicht in beiden Ländern, desto mehr nähern sich beide Sprachvarietäten lexikalisch, als auch in der Aussprache (obwohl das Brasilianische dabei nie seine Charakteristik vollends verliert), einander an. Ein Professor aus Coimbra und ein Manager aus Campinas werden sich sofort super verstehen – der Favelado aus Recife und die Hausfrau aus Santarém sicher nicht.
In Brasilien hört man leider sehr, sehr viele grammatikalisch falsche Dinge, was wohl auch daran liegt, dass in normalen brasilianischen Schulen keine Grammatik behandelt wird.
3. In Portugal wird der Archetyp gesprochen, der noch sämtliche Eigenheiten phonetischer und grammatischer Natur enthält. Manche Konstruktionen, die in ehemaligen Kolonien immernoch benutzt werden, scheinen dem Portugiesen ein wenig antiquiert, werden aber verstanden. Ebenso wird in allen anderen Kolonien eine Aussprache benutzt, die dem europäischen Portugiesisch näher kommt. Wenn man also einen Portugiesen versteht, dann versteht man auch einen Mosambikaner sehr schnell – ebenso wie einen Brasilianer.
Die wenigen wirklichen Neuerungen halten durch den Kulturaustausch auch in Portugal Einzug.
Ich ziele also darauf ab, dass das europäische Portugiesisch zunächst schwerer zu erlernen ist, jedoch die bessere Ausgangsbasis bietet und einem hinterher vieles erleichtert. Den Slang und die paar unterschiedlichen Wörter kann man sich hinterher immernoch schnell aneignen, es wird meist sogar im Unterricht behandelt. Auch wenn die Portugiesen in Brasilien Gegenstand vieler Witze und derber Späße sind (wie bei uns die Ostfriesen, Blondinen und Mantafahrer, z.T. sogar noch schlimmer!), wird es einem als (nichtportugiesischer) Gringo hoch angerechnet, wenn man einen sehr guten und gepflegten Standard zu sprechen und zu schreiben weiß, auch mit portugiesischem Akzent – der Slang stellt dann nur noch das Sahnehäubchen dar.
Wenn man jedoch weiß, dass man sein Leben lang nur mit Capoeiristas aus Bahia herumhängen wird, dann kann man sich das auch sparen.
Edit kann folgen.