Hier monatelang die "Pobacken zusammen zu kneifen" wie der Wieler das nennt, ist nicht so einfach wie für die Beamten in Berlin, die weder Zukunftssorgen (Beamte auf Lebenszeit!) noch überhaupt verstehen, dass die Welt nicht so ist wie bei denen zuhause:
Nachdem ich etwas Zeit hatte, habe ich mir auch das im Beitrag oben verlinkte Video angeschaut und kann mir nur verwundert die Augen reiben. Hast Du es gesehen
@XT600 ? Der Mann hat nicht Unrecht, nur geht es eben nicht wirklich um Corona, sondern um die Verteilung des Wohlstandes und es wird etwas Abgeordneten-Bashing betrieben. Dass es aber tiefer- und weitergehende Missstände gibt, die durch Corona deutlich werden - da bin ich der Letzte, das zu bestreiten.
Kai
Coronakrise und Lockdown: Leben retten um jeden Preis?
Nachdem Du mich ja als "Moralapostel" angesprochen hast: Ich habe mir den Artikel durchgelesen und will über die Motivation auch in dem speziellen Medium nicht spekulieren, obwohl man das sicher könnte. Aber: In dem Text findet sich auch viel statistische Spekulation über mögliche Folgen von Corona. Das kann man teilen oder nicht - ich tue es nicht. Ich sage Dir auch warum: Während wir sehr gesicherte Zahlen zur Übersterblichkeit und zum Verlust von Lebensjahren durch Corona haben, wissen wir über die Folgen und die Folgesfolgen sehr wenig, bzw. wird es irgendwann auch extrem Überkomplex, solche Modelle zu modellieren. Ein Beispiel: Durch Corona nimmt der Individualverkehr vermutlich zu, sowohl per Auto als auch per Fahrrad, der ÖPNV nimmt eher ab. Das hat je nach Lockdownphase verschiedene Folgen:
- es gibt vermutlich mehr Unfälle
- die Zahl der tödlichen Unfälle nimmt zu
- die relative Zahl der tödlichen Unfälle nimmt ab
- in den härteren Lockdown-Phasen hat der Verkehr insgesamt abgenommen
- durch den Anstieg des Homeoffice-Anteils hat der PKW-Verkehr insgesamt (aufs Jahr gesehen und überhaupt) abgenommen
- dadurch wird auch die Zahl der Unfälle wiederum beeinflusst
- die Luftverschmutzung nimmt durch den PKW-Verkehr zu
- die Luftverschmutzung nimmt durch den gestiegenen Anteil an Fahrradverkehr wieder ab
- usw.
Man könnte diese Liste beliebig fortsetzen und erweitern und versuchen, "positive" und "negative" Kollateraleffekte durch Corona festzustellen. Ganz abgesehen von den
unüberblickbaren ökonomischen Folgen, und dann auch noch weltweit. Irgendwann wird man auch in der Lage sein, gewisse Folgen statistisch zu belegen, aber eben nicbt jetzt. Es kann durchaus sein, dass wir dann die eine oder andere Überraschung erleben. Beispielsweise steht jetzt schon fest, dass wir wohl 2020 die Klimaziele in Deutschland erreicht haben.
Entscheidend ist aber, dass die gesamten ungesicherten Spekulationen über mögliche oder wahrscheinliche Folgen der Corona-Maßnahmen allesamt Spekulationen sind. Und wer nicht versteht, dass niemand aber auch niemand auf der Basis von Spekulationen Politik machen kann und machen darf, während nebenan Menschen sterben, der lebt in irgendeiner Welt nur nicht in der realen Welt.
Das ständige Gezetere über die Kollateralschäden übersieht die Tatsache, dass die Politik unmittelbar wirksame Entscheidungen treffen muss, ob sie nun will oder nicht. Diejenigen, die da herumzetern sollen sich bitte einmal in die Lage versetzen, dass ihre Handlungen sehr unmittelbar über Leben und Tod von Menschen entscheiden. Ich möchte da die ganzen Klugschwätzer sehen, was die machen, wenn sie in dieser Situation wären. Wenn da hochkarätige Experten stehen, die Dir sehr genau erklären, dass es viele Tote geben wird. Wie das aussieht, mag man sich in den USA und Brasilien anschauen ...
Kai